SK 2021 320 - Raub, Widerhandlungen gegen das Waffengesetz, Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz
Obergericht
des Kantons Bern
2. Strafkammer
Cour suprême
du canton de Berne
2e Chambre pénale
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Urteil
SK 21 320 + 321
Bern, 1. April 2022
Besetzung Obergerichtssuppleantin Weingart (Präsident i.V.),
Oberrichter Horisberger, Oberrichterin Bratschi
Gerichtsschreiberin Herger
Verfahrensbeteiligte A.__
a.v.d. Rechtsanwalt B.__
Beschuldigter 1/Berufungsführer 1
C.__
a.v.d. Rechtsanwältin E.__
Beschuldigter 2/Berufungsführer 2
gegen
Generalstaatsanwaltschaft des Kantons Bern, Nordring 8, Postfach, 3001 Bern
und
D.__
Straf- und Zivilkläger
Gegenstand Raub, Widerhandlungen gegen das Waffengesetz, Widerhandlungen gegen das Strassenverkehrsgesetz, Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz (Beschuldigter 1)
Raub, Widerhandlungen gegen das Betäubungsmittelgesetz (Beschuldigter 2)
Berufung gegen das Urteil des Regionalgerichts Oberland (Einzelgericht) vom 8. April 2021 (PEN 21 70/71)
Erwägungen:
I. Formelles
1. Erstinstanzliches Urteil
Mit Urteil vom 8. April 2021 erkannte das Regionalgericht Oberland (Einzelgericht; nachfolgend Vorinstanz) was folgt (pag. 456 ff.; Hervorhebungen im Original):
A. A.__
I.
A.__ wird schuldig erklärt:
1. des Raubes, begangen am 15.11.2020, ca. 19:30 Uhr, in K.__ (Ortschaft), F.__strasse, gemeinsam mit C.__ z.N. D.__ (Deliktsbetrag ca. CHF 700.00);
2. des Vergehens gegen das Waffengesetz, mehrfach begangen am 15.11.2020 in I.__ (Ortschaft), J.__ (Ortschaft) und K.__ (Ortschaft) durch Erwerb und Besitz einer Pistole SIG-Sauer P 229 ohne Waffenerwerbsschein und ohne Waffentragbewilligung;
3. des widerrechtlichen Aneignen eines Kontrollschildes, begangen in der Zeit vom 30.11.2020 - 04.12.2020 in L.__ (Ortschaft), G.__weg, indem er die Kontrollschilder .__ ab einem Motorrad entwendete;
4. der Übertretungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, mehrfach begangen in der Zeit vom 15.11.2020 – 09.12.2020 in M.__ (Ortschaft) und K.__ (Ortschaft) durch Erwerb, Besitz und Konsum einer unbestimmten Menge Heroin, Kokain und Marihuana;
und in Anwendung der Artikel
34, 40, 47, 49 Abs. 1, 51, 66a Abs. 1 Bst. c, 106, 140 Ziff. 1 StGB
4 Abs. 1 Bst. a, 8, 27, 33 Abs. 1 Bst. a WG
15 und 48 WV
97 Abs. 1 Bst. g SVG
Art. 19a Ziff. 1 BetmG
426 StPO
verurteilt:
1. Zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten.
Die Untersuchungs- und Sicherheitshaft von 99 Tagen werden im Umfang von 99 Tagen auf die Freiheitsstrafe angerechnet und es wird festgestellt, dass die Strafe am 18.03.2021 vorzeitig angetreten worden ist.
2. Zu einer Geldstrafe von 68 Tagessätzen zu CHF 30.00, ausmachend total CHF 2'040.00.
3. Zu einer Übertretungsbusse von CHF 200.00. Die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhafter Nichtbezahlung wird auf 2 Tage festgesetzt.
4. Zu einer Landesverweisung von 5 Jahren.
5. Zu den anteilsmässigen Verfahrenskosten, sich zusammensetzend aus Gebühren von CHF 5'000.00 (Anteil Gebühren Untersuchung CHF 2'100.00; Anteil Gebühren Gericht CHF 2’000.00; Gebühren ZMG CHF 400.00, Anteil Gebühren Auftritt Staatsanwaltschaft CHF 500.00) und Auslagen Untersuchung von CHF 832.30, insgesamt bestimmt auf CHF 5'832.30.
6. Wird keine schriftliche Begründung verlangt, reduziert sich die Gebühr um CHF 1’000.00. Die reduzierten Verfahrenskosten betragen damit CHF 4'832.30.
II.
[amtliche Entschädigung und volles Honorar Rechtsanwalt B.__]
III.
Weiter wird verfügt:
1. A.__ geht in den Strafvollzug zurück.
2. Die sich beim KTD befindende beschlagnahmte Waffe Pistole SIG-Sauer P229 mit zwei Magazinen und die sich beim KTD befindenden 70 Patronen 9mm Lugar werden zur Vernichtung eingezogen (Art. 69 StGB).
3. Die Zustimmung zur Löschung des erstellten DNA-Profils (PCN-Nr. .__) ist nach Ablauf der Frist durch das zuständige Bundesamt einzuholen (Art. 16 Abs. 4 DNA-ProfilG).
4. Die Zustimmung zur Löschung der erhobenen biometrischen erkennungsdienstlichen Daten ist nach Ablauf der Frist durch die auftraggebende Behörde einzuholen (Art. 17 Abs. 4 i.V.m. 19 Abs. 1 Verordnung über die Bearbeitung biometrischer erkennungsdienstlicher Daten).
B. C.__
I.
C.__ wird schuldig erklärt:
1. des Raubes, begangen am 15.11.2020 in K.__ (Ortschaft), F.__strasse, gemeinsam mit A.__ z.N. D.__ (Deliktsbetrag ca. CHF 700.00);
2. der Übertretungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, mehrfach begangen in der Zeit vom 15.11.2020 – Ende November 2020 in M.__ (Ortschaft) und L.__ (Ortschaft) durch Erwerb, Besitz und Konsum einer unbestimmten Menge Heroin und Kokain;
und in Anwendung der Artikel
40, 47, 51, 66a Abs. 1 lit. c, 106, 140 Ziff. 1 StGB
Art. 19a Ziff. 1 BetmG
426 StPO
verurteilt:
1. Zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten.
Die vorläufige Festnahme von 1 Tag wird im Umfang von 1 Tag auf die Freiheitsstrafe angerechnet.
2. Zu einer Übertretungsbusse von CHF 200.00. Die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhafter Nichtbezahlung wird auf 2 Tage festgesetzt.
3. Zu einer Landesverweisung von 5 Jahren.
4. Zu den anteilsmässigen Verfahrenskosten, sich zusammensetzend aus Gebühren von CHF 4'200.00 (Anteil Gebühren Untersuchung CHF 2'100.00; Anteil Gebühren Gericht CHF 1'600.00.00; Anteil Gebühren Auftritt Staatsanwaltschaft CHF 500.00) und Auslagen Untersuchung von CHF 832.30, insgesamt bestimmt auf CHF 5'032.30.
5. Wird keine schriftliche Begründung verlangt, reduziert sich die Gebühr um CHF 1'000.00. Die reduzierten Verfahrenskosten betragen damit CHF 4'032.30.
II.
[amtliche Entschädigung und volles Honorar Rechtsanwältin H.__]
III.
Weiter wird verfügt:
1. Die Zustimmung zur Löschung des erstellten DNA-Profils (PCN-Nr. .__) ist nach Ablauf der Frist durch das zuständige Bundesamt einzuholen (Art. 16 Abs. 4 DNA-ProfilG).
2. Die Zustimmung zur Löschung der erhobenen biometrischen erkennungsdienstlichen Daten ist nach Ablauf der Frist durch die auftraggebende Behörde einzuholen (Art. 17 Abs. 4 i.V.m. 19 Abs. 1 Verordnung über die Bearbeitung biometrischer erkennungsdienstlicher Daten).
C. Zivilpunkt
1. In Anbetracht der unzureichenden Begründung/Bezifferung wird die Zivilklage des Straf- und Zivilklägers D.__ auf den Zivilweg verwiesen (Art. 126 Abs. 2 Bst. b StPO).
2. Für den Zivilpunkt werden keine Kosten ausgeschieden
D. Eröffnung
[Eröffnungsformel]
2. Berufung
Gegen dieses Urteil meldete A.__ (nachfolgend Beschuldigter 1), amtlich verteidigt durch Rechtsanwalt B.__, mit Schreiben vom 13. April 2021 form- und fristgerecht die Berufung an (pag. 466). C.__ (nachfolgend Beschuldigter 2), amtlich verteidigt durch Rechtsanwältin H.__, meldete mit Schreiben vom 16. April 2021 ebenfalls form- und fristgerecht die Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil an (pag. 471). Die erstinstanzliche Urteilsbegründung datiert vom 22. Juli 2021 (pag. 499 ff.) und wurde den Parteien mit Verfügung vom gleichen Tag zugestellt (pag. 544 f.).
Mit form- und fristgerechter Berufungserklärung vom 28. Juli 2021 (Posteingang: 29. Juli 2021; pag. 557 ff.) beschränkte Rechtsanwalt B.__ für den Beschuldigten 1 die Berufung auf die erstinstanzlich ausgefällte Landesverweisung von 5 Jahren (Ziff. A.I.4 des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs).
Auch der Beschuldigte 2 – im oberinstanzlichen Verfahren vertreten durch Rechtsanwältin E.__ – focht das erstinstanzliche Urteil mit form- und fristgerechter Berufungserklärung vom 12. August 2021 (Posteingang: 13. August 2021; pag. 561 ff.) nur in Teilen an. Im Einzelnen beschränkte er seine Berufung auf den erstinstanzlichen Schuldspruch wegen Raubes (Ziff. B.I.1 des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs), auf die erstinstanzlich ausgefällte Freiheitsstrafe von 14 Monaten (Sanktionspunkt 1 unter Ziff. B.I. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs) sowie auf die Verurteilung zu einer Landesverweisung von 5 Jahren (Sanktionspunkt 3 unter Ziff. B.I. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs).
Die Generalstaatsanwaltschaft verzichtete mit Stellungnahme vom 19. August 2021 auf die Erklärung einer Anschlussberufung und machte keine Gründe für ein Nichteintreten auf die Berufung beider Beschuldigten geltend (pag. 568 f.).
Der Straf- und Zivilkläger D.__ (nachfolgend Privatkläger) liess sich innert Frist nicht vernehmen (vgl. Verfügung vom 8. September 2021; pag. 570 f.).
3. Wechsel der amtlichen Verteidigung des Beschuldigten 2 im erstinstanzlichen Verfahren
Mit Eingabe vom 22. Juni 2021 kündigte Rechtsanwältin H.__ ihre bevorstehende Aufgabe der anwaltlichen Tätigkeit per Ende Juni 2021 an und beantragte die Einsetzung von Rechtsanwältin E.__ als neue amtlicher Verteidigerin des Beschuldigten 2 sowie die Entschädigung ihrer bisherigen Aufwendungen gemäss beigelegter Honorarnote (pag. 488 ff.).
Mit Verfügung vom 23. Juni 2021 entliess die Verfahrensleitung Rechtsanwältin H.__ per sofort aus ihrem amtlichen Mandat, bestimmte deren amtliches Honorar unter Festhaltung ihres Verzichts auf das Nachforderungsrecht nach Art. 135 Abs. 4 Bst. b der Schweizerischen Strafprozessordnung (StPO; SR 312.0) auf CHF 476.45 und setzte im Einverständnis des Beschuldigten 2 Rechtsanwältin E.__ per sofort als dessen amtliche Verteidigerin ein (pag. 494 ff.).
4. Oberinstanzliche Beweisergänzungen
Im Hinblick auf die oberinstanzliche Verhandlung wurde über den Beschuldigten 1 von Amtes wegen ein aktueller Führungsbericht bei der Justizvollzugsanstalt Thorberg (datierend vom 22. März 2022; pag. 638 ff.) sowie über den Beschuldigten 2 ein aktueller Strafregisterauszug (23. März 2022; pag. 641) und ein aktueller Leumundsbericht (datierend vom 2. März 2022; pag. 617 ff.) eingeholt. Beiliegend zum Leumundsbericht reichte die Kantonspolizei Zürich drei Betreibungsregisterauszüge der Betreibungsämter N.__ (Ortschaft) (datierend vom 17. Februar 2022; pag. 627 f.), O.__ (Ortschaft) (datierend vom 21. Februar 2022; pag. 629 ff.) und M.__ (Ortschaft) (datierend vom 22. Februar 2022; pag. 635) sowie die Quellensteuerauszüge 2020 und 2021 des Kantons Aargau (beide datierend vom 21. Februar 2022; pag. 633 bzw. pag. 632) zu den Akten. Nach Eingang des Leumundsberichts der Kantonspolizei Zürich betreffend den Beschuldigten 2 wurden telefonische Abklärungen bei der Kantonspolizei Aargau und der Staatsanwaltschaft M.__ (Ortschaft) bezüglich der Konstituierung des Beschuldigten 2 als Strafkläger am 29. April 2021 in einem derzeit bei der Staatsanwaltschaft M.__ (Ortschaft) hängigen Verfahren wegen Raubes vorgenommen (Aktennotiz vom 28. März 2022; pag. 648).
Am 3. März 2022 ging beim Obergericht ein Schreiben der Bewährungs- und Vollzugsdienste des Kantons Bern (nachfolgend BVD) ein, wonach mitgeteilt wurde, dass der Beschuldigte 1 am 8. April 2022 seine Strafe vollständig verbüsst haben wird (pag. 615).
Der Beschuldigte 1 stellte in seiner Berufungserklärung vom 28. Juli 2021 den Beweisantrag, dass er im Rahmen des Berufungsverfahrens im Sinne einer Beweisergänzung erneut über seine persönlichen Beziehungen zur Familie in der Schweiz und in Italien zu befragen sei. Seine aktuellen beruflichen und privaten Pläne für die Beurteilung eines allfälligen Härtefalls seien massgeblich. Seit dem erstinstanzlichen Urteil hätten sich diesbezüglich bereits einige Änderungen ergeben, weshalb eine ausschliessliche Abstützung auf die bereits erhobenen Beweismittel nicht ausreichend sei (pag. 559). Die Generalstaatsanwaltschaft führte zum Beweisantrag des Beschuldigten 1 in ihrer Stellungnahme vom 19. August 2021 aus, die Befragung der beiden Berufungsführer durch die Kammer zu ihrer Person, worunter die aktuellen Verhältnisse wie auch allfällige Zukunftspläne gehörten, seien ohnehin Gegenstand der oberinstanzlichen Verhandlung. Diese Prozesshandlungen ergäben sich aus dem Gesetz, weshalb dagegen keine Vorbehalte seitens der Staatsanwaltschaft angebracht seien (pag. 569). Anlässlich der Hauptverhandlung vom 30. März 2022 wurde der Beschuldigte 1 befragt (pag. 653 ff.).
5. Säumnis des Beschuldigten 2 und des Privatklägers
Die Vorladung vom 21. September 2021 für die oberinstanzliche Hauptverhandlung (pag. 579 ff.) wurde dem Beschuldigten 2 persönlich durch die Kantonspolizei Zürich ausgehändigt und demnach ordnungsgemäss im Sinne von Art. 85 StPO zugestellt (vgl. Empfangsbestätigung; pag. 607). Der Beschuldigte 2 blieb der oberinstanzlichen Hauptverhandlung am 30. März 2022 fern. Seine Verteidigerin, Rechtsanwältin E.__, teilte anlässlich der Verhandlung mit, derzeit keinen Kontakt zu ihrem Mandanten zu haben (pag. 651). Auch der Privatkläger blieb trotz persönlicher Zustellung der Vorladung der oberinstanzlichen Hauptverhandlung vom 30. März 2022 unentschuldigt fern (pag. 579 ff.).
Mit Einverständnis der Parteien wurde die oberinstanzliche Hauptverhandlung am 30. März 2022 trotz Fernbleibens des Beschuldigten 2 und des Privatklägers fortgesetzt (pag. 651; vgl. Urteil des Bundesgerichts 6B_1293/2018 E. 3.3.2.).
6. Anträge der Parteien
6.1 Anträge des Beschuldigten 1
Rechtsanwalt B.__ stellte und begründete anlässlich der Berufungsverhandlung namens und auftrags des Beschuldigen 1 folgende Anträge (pag. 673 ff.):
1. Ziffer 4 des Urteils vom 08.04.2021 sei aufzuheben und es sei auf eine Landesverweisung zu verzichten.
2. Die Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren seien dem Staat aufzuerlegen. Das Honorar des amtlichen Verteidigers sei gemäss bereits einzureichender Kostennote zu bestimmen.
6.2 Anträge des Beschuldigten 2
Rechtsanwältin E.__ stellte und begründete anlässlich der Berufungsverhandlung namens und auftrags des Beschuldigen 2 folgende Anträge (pag. 675 ff., Hervorhebungen im Original):
I.
Es sei festzustellen, dass das Urteil des Regionalgerichts Oberland vom 08. April 2021 – soweit nicht angefochten – in Rechtskraft erwachsen ist.
II.
C.__ sei
schuldig zu erklären
der Nötigung, begangen am 15. November 2020 in K.__ (Ortschaft), F.__strasse, z.N. von D.__,
und er sei in Anwendung der einschlägigen Gesetzesbestimmungen (nebst der nicht angefochtenen Übertretungsbusse sowie den erstinstanzlichen Verfahrenskosten)
zu verurteilen
zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen bei einer gerichtlich zu bestimmenden Tagessatzhöhe, unter Gewährung des bedingten Strafvollzugs bei einer Probezeit von 3 Jahren sowie unter Anrechnung der ausgestandenen Haft von 1 Tag;
unter Auferlegung der oberinstanzlichen Verfahrenskosten an den Kanton Bern sowie unter Ausrichtung einer Entschädigung für die gesamten oberinstanzlichen Verteidigungskosten gemäss eingereichter Honorarnote
III.
Die weiteren Verfügungen seien von Amtes wegen zu treffen.
6.3 Anträge der Generalstaatsanwaltschaft
Generalstaatsanwalt P.__ stellte und begründete anlässlich der oberinstanzlichen Hauptverhandlung für die Generalstaatsanwaltschaft folgende Anträge (pag. 681 ff., Hervorhebungen im Original):
A. A.__
I.
Es sei festzustellen, dass das erstinstanzliche Urteil des Regionalgerichts Oberland (Einzelgericht) vom 8. April 2021 in Rechtskraft erwachsen ist hinsichtlich
1. der Schuldsprüche wegen Raubes, wegen Vergehen gegen das Waffengesetz, wegen des widerrechtlichen Aneignens eines Kontrollschildes sowie wegen Übertretungen gegen das Betäubungsmittelgesetz;
2. der Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten, unter Anrechnung der Untersuchungs- und Sicherheitshaft im Umfang von 99 Tagen, zu einer Geldstrafe von 68 Tagessätzen zu CHF 30.00, ausmachend total CHF 2’040.00 sowie zu einer Übertretungsbusse von CHF 200.00 unter Festsetzung der Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 Tage;
3. der Verfügung, wonach A.__ im Strafvollzug belassen wird;
4. der Einziehung zur Vernichtung der sich beim KTD befindenden beschlagnahmten Waffe Pistole SIG-Sauer P229 mit zwei Magazinen und die sich beim KTD befindenden 70 Patronen 9mm Lugar.
II.
1. A.__ sei für die Dauer von 5 Jahren des Landes zu verweisen.
2. Die erst- und oberinstanzlichen Verfahrenskosten (inkl. eine angemessene Gebühr gemäss Art. 21 VKD) seien A.__ aufzuerlegen.
III.
Im Weiteren sei zu verfügen:
1. Es sei die Zustimmung zur Löschung der erkennungsdienstlichen Daten und des DNA-Profils (PCN .__) zu erteilen.
2. Das Honorar des amtlichen Verteidigers des Beschuldigten sei gerichtlich zu bestimmen (Art. 135 StPO).
B. C.__
I.
Es sei festzustellen, dass das erstinstanzliche Urteil des Regionalgerichts Oberland (Einzelgericht) vom 8. April 2021 in Rechtskraft erwachsen ist hinsichtlich des Schuldspruches wegen Übertretungen gegen das Betäubungsmittelgesetz.
II.
C.__ sei schuldig zu erklären des Raubes, begangen am 15. November 2020, ca. 19:30 Uhr, in K.__ (Ortschaft), F.__strasse, gemeinsam mit A.__ zum Nachteil von D.__ (Ziff. I. 1. des angefochtenen Urteils).
III.
C.__ sei in Anwendung der Art. 40, 47, 51, 66a Abs. 1 lit. c, 106, 140 Ziff. 1 StGB, Art. 19a Ziff. 1 BetmG, Art. 426 StPO
zu verurteilen:
1. zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten, unter Anrechnung der vorläufigen Festnahme von 1 Tag;
2. zu einer Übertretungsbusse von CHF 200.00, unter Ansetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen bei schuldhafter Nichtbezahlung;
3. zur Bezahlung der erst- und oberinstanzlichen Verfahrenskosten (inkl. eine Gebühr von CHF 500.00 gemäss Art. 21 VKD).
IV.
C.__ sei für die Dauer von 5 Jahren des Landes zu verweisen.
V.
Im Weiteren sei zu verfügen:
1. Es sei die Zustimmung zur Löschung der erkennungsdienstlichen Daten und des DNA-Profils (PCN .__) zu erteilen.
2. Das Honorar der amtlichen Verteidigerin des Beschuldigten sei gerichtlich zu bestimmen (Art. 135 StPO).
7. Verfahrensgegenstand und Kognition der Kammer
Das Berufungsgericht überprüft das erstinstanzliche Urteil nur in den angefochtenen Punkten (Art. 404 Abs. 1 StPO). Das erstinstanzliche Urteil vom 8. April 2021 wurde von allen Parteien nur in Teilen angefochten (Ziff. I.2. hiervor).
Zufolge der beschränkten Berufung des Beschuldigten 1 ist das erstinstanzliche Urteil insoweit in Rechtskraft erwachsen als der Beschuldigte 1 schuldig gesprochen wurde des Raubes; des Vergehens gegen das Waffengesetz, mehrfach begangen; des widerrechtlichen Aneignens eines Kontrollschildes und der Übertretung gegen das Betäubungsmittelgesetz, mehrfach begangen (Ziff. A.I.1.-4. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs; pag. 457) und er verurteilt wurde zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten, zu einer Geldstrafe von 68 Tagessätzen zu CHF 30.00, ausmachend total CHF 2'040.00, und zu einer Übertretungsbusse von CHF 200.00, wobei die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhafter Nichtbezahlung auf 2 Tage festgesetzt wurde (Sanktionspunkte 1-3 unter Ziff. A.I. des erstinstanzlichen Urteildispositivs; pag. 457 f.), sowie weiter verfügt wurde, dass der Beschuldigte 1 in den Strafvollzug zurück geht und die sich beim Kriminaltechnischen Dienst der Kantonspolizei Bern (nachfolgend KTD) befindenden Gegenstände (beschlagnahmte Waffe Pistole SIG-Sauer P229 mit zwei Magazinen und 70 Patronen 9mm Lugar) zur Vernichtung gemäss Art. 69 des Schweizerischen Strafgesetzbuches (StGB; SR 311.01) eingezogen werden (Ziff. A.III.1.+2. des erstinstanzlichen Urteildispositivs; pag. 458).
Zufolge der beschränkten Berufung des Beschuldigten 2 ist das erstinstanzliche Urteil insoweit in Rechtskraft erwachsen als der Beschuldigte 2 schuldig gesprochen wurde der Übertretung gegen das Betäubungsmittelgesetz, mehrfach begangen (Ziff. B.I.2. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs; pag. 459) und er verurteilt wurde zu einer Übertretungsbusse von CHF 200.00, wobei die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhafter Nichtbezahlung auf 2 Tage festgesetzt wurde (Sanktionspunkt 2 unter Ziff. B.I. des erstinstanzlichen Urteildispositivs; pag. 459).
Die erstinstanzliche Verfahrenskostenauferlegung – der Beschuldigte 1 wurde zur Bezahlung von CHF 5’832.30 (Sanktionspunkt 5 unter Ziff. A.I. des erstinstanzlichen Urteildispositivs; pag. 458) und der Beschuldigte 2 zur Bezahlung von CHF 5’032.30 (Sanktionspunkt 4 unter Ziff. B.I. des erstinstanzlichen Urteildispositivs; pag. 459) verurteilt – ist ebenfalls in Rechtskraft erwachsen. Schliesslich ist das erstinstanzliche Urteil in Rechtskraft erwachsen insoweit im Zivilpunkt die Zivilklage des Privatklägers im Sinne von Art. 126 Abs. 2 Bst. b StPO auf den Zivilweg verwiesen wurde sowie für den Zivilpunkt keine Kosten ausgeschieden wurden (Ziff. C.1. + 2. des erstinstanzlichen Urteildispositivs; pag. 461).
Nicht rechtskräftig und von der Kammer zu überprüfen sind bezüglich des Beschuldigten 1 die Anordnung einer Landesverweisung von 5 Jahren (Sanktionspunkt 4 unter Ziff. A.I. des erstinstanzlichen Urteildispositivs; pag. 457) und bezüglich des Beschuldigten 2 den Schuldspruch wegen Raubes (Ziff. B.I.1. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs; pag. 459), die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten und die Anordnung einer Landesverweisung von 5 Jahren (Sanktionspunkte 1+3 unter Ziff. B.I. des erstinstanzlichen Urteildispositivs; pag. 459). Zudem muss die Entschädigung der amtlichen Verteidigung für das gesamte Verfahren festgesetzt werden (Art. 135 Abs. 2 StPO). Praxisgemäss ist schliesslich über die erstellten DNA-Profile und die erhobenen biometrischen erkennungsdienstlichen Daten neu zu befinden (Ziff. A.III.3. + 4. und Ziff. B.III.1. + 2. des erstinstanzlichen Urteilsdispositivs; pag. 459 bzw. pag. 460 f.).
Die Kammer verfügt bei der Überprüfung der angefochtenen Punkte über volle Kognition (Art. 398 Abs. 2 StPO). Aufgrund der alleinigen Berufung der Beschuldigten darf das Urteil nicht zu deren Nachteil abgeändert werden; es ist das Verschlechterungsverbot (Verbot der «reformatio in peius») zu beachten (Art. 391 Abs. 2 StPO).
II. Sachverhalt und Beweiswürdigung
1. Vorwurf des Raubes gemäss Anklageschrift
Dem Beschuldigten 2 wird gemäss Anklageschrift vom 22. Februar 2021 (pag. 292 ff.) vorgeworfen, er habe am 15. November 2020 um ca. 19.30 Uhr, in K.__ (Ortschaft), F.__strasse, gemeinsam mit dem Beschuldigten 1 zum Nachteil des Privatklägers einen Raub, evtl. qualifiziert begangen unter Mitführen einer Schusswaffe (Art. 140 Ziff. 1 evtl. Ziff. 2 StGB), evtl. Nötigung (Art. 181 StGB) begangen. Dem Vorwurf liegt folgender Sachverhalt zugrunde (Ziff. I.B.1. der Anklageschrift; pag. 294 f., Hervorhebungen im Original):
C.__ begab sich gemeinsam mit A.__ zur Wohnung von D.__ im Wissen, dass dieser zu Hause Bargeld aufbewahrte und in der Absicht, dieses unter Androhung von Waffengewalt und unter Anwendung von körperlicher Gewalt zu entwenden und sich damit unrechtmässig zu bereichern.
In der Folge betrat A.__ zuerst die Wohnung von D.__, zog die mitgeführte, nicht mit Munition geladene resp. eventualiter mit Munition geladene Pistole SIG-Sauer P229 eventualiter unter Mitführen von passender Munition 9mm Lugar, richtete diese gegen den Kopf von D.__ und ging auf ihn zu, bis sich der Lauf der Pistole ein paar Zentimeter vor dessen Gesicht befand. A.__ verlangte dann Geld von ihm. Als D.__ merkte, dass es A.__ ernst meinte, versuchte er die Wohnung zu verlassen. Dabei schlug A.__ mehrmals mit dem Magazinunterteil der Pistole gegen den Kopf und den Nacken von D.__. Gleichzeitig betrat zu diesem Zeitpunkt C.__ die Wohnung. Er hinderte D.__ am Verlassen der Wohnung, indem er ihn wegschubste und forderte ihn mündlich auf, das Geld an A.__ zu übergeben. In der Folge kam es zu einem «Gerangel» zwischen den dreien, in deren Folge unter anderem eine Armkette beschädigt wurde. D.__ händigte schliesslich Bargeld im Betrag von rund CHF 700.00, welches auf dem Tisch lag, an A.__ aus. Dieser C.__ behändigten weiter zwei Packungen Zigaretten im Wert von CHF 16.00 sowie einen Schlüsselbund im Wert von ca. CHF 50.00. In der Folge gelang es D.__, die Wohnung zu verlassen, worauf A.__ und C.__ diese ebenfalls mit den entwendeten Vermögenswerten verliessen.
D.__ erlitt durch die Schläge und das «Gerangel» resp. einem Ziehen an seiner Halskette Hautrötungen, Hautverfärbungen, Hauteinblutungen und Hautabschürfungen am Hals und am Rücken.
C.__ entschloss sich gemeinsam mit A.__ zur Begehung des Raubes, beteiligte sich an der Planung, wusste um die oben beschriebene Vorgehensweise und profitierte von der Beute. Durch seine Beteiligung leistete er mithin einen nicht vernachlässigbaren Tatbeitrag und wirkte mit A.__ gleichberechtigt zusammen.
eventualiter
Nötigung (Art. 181 StGB)
C.__ erklärte sich einverstanden, mit A.__ nach K.__ (Ortschaft) mitzugehen, um diesem bei «Schwierigkeiten» beim Eintreiben von Geld zu helfen, welches D.__ gemäss den von A.__ ihm gegenüber gemachten Angaben diesem geschuldet haben soll. Durch seine Beteiligung, nämlich dem Versperren des Wegs, der mündlichen Aufforderung, D.__ solle das Geld an A.__ übergeben und der Beteiligung am «Gerangel» leistete er einen nicht vernachlässigbaren Tatbeitrag an einer widerrechtlichen Eintreibung einer Geldforderung mittels Einsatz von Gewalt.
Deliktsbetrag: ca. CHF 756.00
Mittäter: A.__
Privatkläger: D.__ (Zivilklage: mind. CHF 1'500.00)
2. Unbestrittener/bestrittener Sachverhalt
Unbestritten ist, dass der Beschuldigte 2 am 15. November 2020 zusammen mit dem Beschuldigten 1 mit dem Zug nach K.__ (Ortschaft) reiste, mit dem Ziel beim Privatkläger an Geld für ihren Drogenkonsum zu gelangen. Auch wird nicht bestritten, dass der Beschuldigte 2 in einem gewissen Mass in das Geschehen zum Nachteil des Privatklägers eingegriffen hat (pag. 437), indem er diesem insbesondere den Weg versperrte (pag. 110 Z. 46, pag. 111 Z. 110 f., pag. 113 Z. 196, pag. 423 Z. 34 f., pag. 438) und ihn mündlich aufforderte, das verlangte Geld an den Beschuldigten 1 auszuhändigen (pag. 126 Z. 154 f., pag. 423 Z. 40).
Seitens des Beschuldigten 2 wird hingegen nach wie vor bestritten, dass er sich im Wissen um das Mitführen einer echten Waffe durch den Beschuldigten 1 sowie in der Absicht unter Androhung von Waffen- und Körpergewalt das Geld vom Privatkläger zu entwenden und sich damit unrechtmässig zu bereichern, zusammen mit den Beschuldigten 1 nach K.__ (Ortschaft) begeben hat. Demnach bestreitet der Beschuldigte 2 die gemeinsame Entschlussfassung zum Raub, seine Beteiligung an der Planung desselben sowie die Absicht der unrechtmässigen Bereicherung.
3. Beweismittel
Als objektive und subjektive Beweismittel liegen der Kammer insbesondere der Anzeigerapport der Kantonspolizei Bern vom 30. November 2020 mit Beilagen (pag. 57 ff.), der Berichtsrapport der Kantonspolizei Bern vom 30. November 2020 (pag. 171 ff.), der Anhalterapport der Kantonspolizei Aargau vom 9. Dezember 2020 (pag. 6 ff.), der Nachtrag der Kantonspolizei Bern vom 11. Dezember 2020 mit Beilagen (pag. 67 ff.), der Rapport Forensik der Kantonspolizei Bern vom 6. Januar 2021 mit dem Material- und Spurenverzeichnis (pag. 80 ff.), das rechtsmedizinische Gutachten zur körperlichen Untersuchung des Privatklägers des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Bern (nachfolgend IRM) vom 25. November 2020 (pag. 162 ff.) sowie insbesondere die Aussagen des Privatklägers (pag. 60, 131 ff., 139 f., 144 ff.), des Beschuldigten 1 (pag. 87 ff., 99 ff., 411 ff., 649 ff.) und diejenigen des Beschuldigten 2 (pag. 108 ff., 122 ff., 419 ff.) sowie von Auskunftspersonen (pag. 153 ff. und 156 ff.) vor.
Die Vorinstanz hat die objektiven und subjektiven Beweismittel, die bereits dem erstinstanzlichen Verfahren zugrunde lagen, zutreffend und ausführlich wiedergegeben und zusammengefasst; darauf kann verwiesen werden (S. 10 ff. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 508 ff.). Die Kammer kommt auf einzelne davon im Rahmen der konkreten Beweiswürdigung (E. II.12 unten) zurück. Soweit notwendig, wird im Rahmen der nachfolgenden Beweiswürdigung näher auf die einzelnen Aussagen der Beteiligten eingegangen. Während der oberinstanzlichen Einvernahme vom 30. März 2022 (pag. 998 ff.) bestätigte der Beschuldigte 1 grösstenteils die von ihm anlässlich staatsanwaltschaftlicher und vorinstanzlicher Befragung gemachten Aussagen. Soweit die Aussagen vor Berufungsgericht relevant sind massgeblich von den vorherigen abweichen, wird in nachfolgender Beweiswürdigung (E. II.12 unten) darauf eingegangen.
4. Beweiswürdigung der Vorinstanz
Die Vorinstanz hielt fest, der Sachverhalt gemäss Anklageschrift resp. die Geschehnisse des besagten Abends würden sich im Grossen und Ganzen aus den zum Ablauf übereinstimmenden Ausführungen der Beteiligten ergeben. Sie hielt folgenden Tatablauf als erstellt (S. 22 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 520):
Die beiden Beschuldigten begaben sich mit dem Zug nach K.__ (Ortschaft) zum Privatkläger, weil A.__ beim Privatkläger eine grössere Menge Geld und Drogen vermutete. A.__ betrat die Wohnung des Privatklägers zunächst alleine. Er hielt dem Privatkläger die Pistole an den Kopf und verlangte Geld und Drogen. Der Privatkläger hielt das Geschehen zunächst für einen Witz. Als er merkte, dass A.__ es ernst meinte, wollte er die Wohnung verlassen. In dem Moment schlug A.__ dem Privatkläger mehrmals mit der Pistole gegen den Kopf/Nacken und C.__, welcher unterdessen die Wohnung ebenfalls betreten hatte, versperrte dem Privatkläger den Weg und verlangte ebenfalls die Herausgabe des Geldes. Es kam zu einem Gerangel. A.__ behändigte ein paar Hundert Franken und Drogen. Dem Privatkläger gelang es schliesslich doch, die Wohnung zu verlassen, woraufhin auch A.__ und danach C.__ die Wohnung in verschiedene Richtungen verliessen. Am Bahnhof K.__ (Ortschaft) trafen sich die beiden Beschuldigten wieder und fuhren mit dem Zug zurück in den Kanton Aargau. Der Geldbetrag wurde aufgeteilt und die Drogen hat A.__ bei sich behalten, wobei er davon C.__ auch etwas abgegeben hat.
Weiter hielt die Vorinstanz fest, es sei davon auszugehen, dass die mitgeführte echte Waffe nicht geladen und keine Munition mitgeführt worden war (S. 22 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 520). Unklar bleibe der Verbleib der Zigaretten und des Schlüsselbundes. Beide Beschuldigten hätten ausgeführt, nichts über die Zigaretten und den Schlüsselbund zu wissen, weshalb diese beim Deliktsbetrag nicht berücksichtigt würden. Auch der Privatkläger habe ausgeführt, es sei nur eine Vermutung, dass die Beschuldigten auch die Zigaretten und den Schlüsselbund entwendet hätten. Gestützt auf die Aussagen des Privatklägers bezüglich dem Bargeldbetrag ging die Vorinstanz von einem Deliktsbetrag von ca. CHF 700.00 aus (S. 22 f. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 520 f.).
In Bezug auf die Frage, wovon der Beschuldigte 2 ausgegangen ist, das heisst, ob er an das Eintreiben von Schulden glaubte ob er von einem Ausrauben ausgegangen ist und ob/was er über die mitgeführte echte Waffe gewusst hat, erachtete die Vorinstanz die Aussagen des Beschuldigten 1 und des Privatklägers im Ergebnis als grundsätzlich glaubhaft und stellte darauf ab. Demgegenüber beurteilte sie die Darstellung des Beschuldigten 2, er habe die Waffe erst in der Wohnung gesehen, als Schutzbehauptung. Konkret führte die Vorinstanz hierzu aus (S. 23 ff. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 521 ff.):
Die Aussagen von A.__ erachtet das Gericht als glaubhaft. Er hat den Raub von Anfang an zugegeben und detailreiche Aussagen gemacht wie beispielsweise, wo der Privatkläger überall Drogen aufbewahrte. Mit seinen Aussagen hat sich A.__ auch selber zusätzlich belastet, indem er angegeben hat, neben dem Bargeld noch 5-10 Gramm Heroin entwendet zu haben (pag. 93 Z. 164). Auch hat er von sich aus zugegeben, dass er C.__ einen Teil der Beute vorenthalten habe (pag. 105 Z. 148). Solches hätte ihm nicht nachgewiesen werden können. A.__ hat bei der Polizei nichts zum «Wissen» von C.__ ausgesagt. Er wurde jedoch auch nicht dazu befragt. Bei der Staatsanwaltschaft hat A.__ zunächst ausgesagt, dass C.__ so wenig wie möglich gewusst habe, und er nicht glaube, dass er von einer echten Waffe gewusst habe (pag. 102 Z. 105 ff.). Kurz darauf, d.h. zwei Seiten später im Protokoll (pag. 104 Z. 176 f.) hat A.__ sich korrigiert und ausgeführt, C.__ habe gewusst, dass er eine echte Waffe dabei gehabt habe. A.__ hat denn auch seine erste Aussage beim Verlesen des Protokolls korrigiert und ausgeführt, dass C.__ von Anfang an gewusst habe, dass er eine Waffe dabei gehabt habe. A.__ hat zudem sowohl bei seiner Einvernahme bei der Staatsanwaltschaft als auch an der Hauptverhandlung ausgesagt, dass er C.__ die Waffe gezeigt habe und C.__ von Anfang an gewusst habe, dass er eine Waffe dabei hatte. C.__ habe gewusst, dass man jemanden ausnehmen wollte. Auch hat A.__ C.__ nicht übermässig belastet. Er hat sogar ausgeführt, C.__ habe «nicht den Haufen gemacht» (pag. 92 Z. 120). Bezüglich des Wissens um das Mitführen der Waffe hat A.__ aber konstant ausgesagt, dass C.__ von Anfang an davon gewusst habe. Für das Gericht ist auch erwiesen, dass A.__ die Waffe ohne C.__ geholt resp. ausgegraben hat. Wann genau der A.__ die Waffe geholt hatte, blieb unklar. Dies spielt aber für die weitere Beurteilung keine Rolle. A.__ macht insgesamt glaubhafte Aussagen und das Gericht stützt auf seine Angaben ab.
Auch die Aussagen des Privatklägers erachtet das Gericht als glaubhaft. Das Bestreiten des entwendeten Heroins lässt sich dadurch erklären, dass sich der Privatkläger nicht selber belasten wollte und nicht angeben wollte, dass er eine grössere Menge Heroin in seiner Wohnung aufbewahrte. Der Privatkläger hat bestätigt, dass A.__ ihn nach Drogen gefragt habe, er ihn aber an die Schiffländte verwiesen habe. Dies ist als Schutzbehauptung zu werten. Der Privatkläger hat aber zum Vorfall vom 15.11.2020 auch ausgesagt, dass A.__ gesagt habe, er solle den Stoff und das Geld hervormachen (pag. 148 Z. 156). Nachdem A.__ das Geld genommen habe, habe dieser noch weitergesucht, ob er Stoff Ähnliches finde (pag. 133 Z. 73 ff.). Diese Aussagen des Privatklägers stützen die Ausführungen von A.__, wonach klar davon ausgegangen worden war, dass die Beschuldigten beim Privatkläger in der Wohnung Geld und Drogen erbeuten wollten.
C.__ führte aus, er habe die Waffe erst gesehen, als es laut geworden sei, und er in die Wohnung gekommen sei. Nach seiner Darstellung hat er die Waffe erst in der Wohnung gesehen, woraufhin er die Türe zugemacht, die Arme ausgebreitet und im Gerangel den Privatkläger zurückgeschubst habe. Zum Privatkläger habe er gesagt, er solle die Kohle rausmachen, sonst gebe es was auf die Fresse. Bei der Polizei hat C.__ zunächst gesagt, er sei schockiert gewesen, dass es so ausgeartet sei, womit er die Schläge meine. Erst später sagte er, er sei ziemlich geschockt gewesen wegen der Schusswaffe und dem ganzen Geschrei. Bei der ersten Erwähnung hat C.__ den Schock klar auf die Schläge bezogen und nicht auf den Umstand, dass noch eine Waffe im Spiel war. Wenn man von der Version von C.__ ausgehen würde, wonach der Privatkläger A.__ noch Geld geschuldet hätte und man das Geld notfalls mit Schlägen hätte holen wollen, dann hätte C.__ beim ersten Mal, als er die Waffe gesehen hatte, schockiert sein müssen. Anstelle die Wohnung schockiert zu verlassen, hat C.__ jedoch seine Arme ausgebreitet und dem Privatkläger den Weg zum Ausgang versperrt und ihn herumgeschubst. Das spricht für das Gericht nicht für ein schockiertes Verhalten wegen der Waffe. Auch sein Verhalten nach dem Vorfall spricht dafür, dass C.__ nicht schockiert war, ist er doch mit einem Bier in der Hand langsam auf die Gruppe mit dem Privatkläger zugelaufen und hat gemäss Aussagen des Privatklägers wie eine Rolle gespielt und gefragt: «wo iser». C.__ hat eine andere Wortwahl gebraucht. Er hat verschiedene Versionen ausgeführt, was er nach dem eigentlichen Vorfall zum Privatkläger gesagt habe (Warum hast du das nicht sofort gegeben resp. gib ihm das doch, dann sei es erledigt resp. er solle ihm einfach das Geld geben). Diese Aussage macht für das Gericht keinen Sinn, vielmehr macht Sinn, dass er – wie vom Privatkläger ausgeführt wurde – wie eine Rolle gespielt hat und die Frage «wo iser» gestellt hat. Das Gericht stützt diesbezüglich auf die glaubhaften Aussagen des Privatklägers ab, welche dieser direkt nach dem Vorfall gemacht hat. C.__ hat demnach nach dem Vorfall wie eine Rolle gespielt und war aus Sicht des Gerichts nicht schockiert über die eingesetzte Waffe. Wenn C.__ nichts über die Waffe gewusst hätte und davon ausgegangen wäre, dass der Privatkläger A.__ Geld schuldet, woraufhin es zu Schlägen gekommen wäre und er den Einsatz der Waffe gesehen hätte, dann wäre zu erwarten gewesen, dass er sich anders verhalten hätte und beispielsweise davongerannt wäre. Er hätte ja nicht gewusst, ob die Waffe geladen wäre nicht und wie weit A.__ gehen würde. Dies hat C.__ aber eben gerade nicht gemacht, sondern dem Privatkläger mit seinen Armen den Weg versperrt, sich auf ein Gerangel eingelassen und den Privatkläger geschubst. Auch das Nachtatverhalten spricht wie bereits ausgeführt dafür, dass C.__ nicht schockiert war und im Vorfeld über die Waffe Bescheid gewusst haben muss. Es ist auch nicht erklärbar, dass C.__ angibt, bezüglich der Geldschulden nichts Näheres zu wissen, und sich nicht erinnern kann, was am Tag gewesen sei resp. was besprochen worden sei, sich aber gleichzeitig an Details und Gespräche des Vorfalles resp. im Anschluss an den Vorfall erinnern kann. So wie er ausführte, dass er dem Privatkläger in der Wohnung zweimal gesagt habe, er solle das Geld hervor geben bzw. ihm gesagt habe, er hätte es doch besser gegeben. Die Aussagen, sich wegen der Drogen nicht erinnern zu können, stehen im Widerspruch zu seinen Aussagen zum späteren Geschehen. Für das Gericht ist nicht erklärbar, dass C.__ bezüglich Geldschulden nicht weitere Informationen von A.__ eingeholt hat. Wenn es tatsächlich um Geldschulden gegangen wäre, wäre zu erwarten, dass C.__ A.__ dazu befragt hätte, wer bei ihm wie hohe Schulden habe. Es gibt keinen Grund, dass A.__ noch von jemandem Geld zu Gute haben sollte, zumal er ja arbeitslos und drogensüchtig war und C.__ auch keinen Mietzins zahlen konnte. Die entsprechenden Ausführungen von C.__ wertet das Gericht daher als Schutzbehauptungen.
Im Ergebnis ging die Vorinstanz gestützt auf die als glaubhaft taxierten Aussagen des Beschuldigten 1 und des Privatklägers davon aus, dass der Beschuldigte 2 von der Waffe wusste und diese nicht erst in der Wohnung des Privatklägers zum ersten Mal gesehen hat. Die Vorinstanz erachtete es insofern als erstellt, dass der Beschuldigte 2 gewusst hat, dass der Beschuldigte 1 eine Waffe dabeihatte und es ihnen darum gegangen ist, jemanden auszunehmen, d.h. einen Raub zum Nachteil des Privatklägers zu begehen und nicht um das Eintreiben einer bestehenden Forderung. Die Beschuldigten hätten sich an den gemeinsamen Plan gehalten, wonach zunächst der Beschuldigte 1 allein zum Privatkläger gehen sollte, weil er ihn gekannt habe, und der Beschuldigte 2 dann hinzukommen sollte. Der Tatbeitrag des Beschuldigten 2 sei auch notwendig gewesen, denn erst als der Beschuldigte 2 ebenfalls in der Wohnung gewesen sei und mündlich die Herausgabe von Geld verlangt habe und es zu einem Gerangel gekommen sei, habe der Privatkläger Bargeld ausgehändigt. Die Hinderung des Privatklägers am Verlassen der Wohnung und die mündliche Aufforderung würden nach Auffassung der Vorinstanz einen wesentlichen Tatbeitrag darstellen. Auch habe der Beschuldigte 2 anschliessend von der Beute profitiert. Im Ergebnis erachtete die Vorinstanz den Sachverhalt gemäss Anklageschrift Ziff. I.B.1. als erstellt.
5. Oberinstanzliche Vorbringen der Parteien
5.1 Vorbringen des Beschuldigten 2 bzw. der Verteidigung
Seitens des Beschuldigten 2 wurde oberinstanzlich zusammengefasst vorgebracht (pag. 675 ff.), es sei fraglich, ob die Vorinstanz zu Recht davon ausgegangen sei, dass der Beschuldigte 2 vom Raub gewusst habe. Zentral sei mit welchem Ziel und mit welchem Wissen er sich nach K.__ (Ortschaft) begeben habe.
Entgegen der Vorinstanz seien die Aussagen des Beschuldigten 1 weder glaubhaft noch widerspruchsfrei: Womöglich habe der Beschuldigte 1 seine Darstellung – der Beschuldigte 2 habe sehr wohl gewusst, dass in K.__ (Ortschaft) unter Gewaltanwendung Geld und/oder Drogen entwendet werden sollten. Sie hätten vereinbart, dass der Beschuldigte 2 ihm helfe, den Privatkläger auszurauben – erst nachdem er davon Kenntnis erhalten habe, dass der Beschuldigte 2 im Gegensatz zu ihm bereits wieder entlassen worden sei, geäussert. Auch stimme die Aussage des Beschuldigten 1, er sei vom Beschuldigten 2 «ausgesogen» worden, nicht. Der Beschuldigte 2 habe im Unterschied zum Beschuldigten 1 gearbeitet. Entgegen eine gemeinsame Planung der Tat spreche insbesondere, dass sich der Beschuldigte 1 anlässlich seiner ersten Einvernahme ausschliesslich im Singular geäussert habe (pag. 92 Z. 118 ff.). Die Polizei habe den Beschuldigten 1 direkt nach dem Beschuldigten 2 gefragt. Das Argument, er habe den Beschuldigten 2 dabei decken wollen, könne nicht ins Feld geführt werden. Anlässlich der Berufungsverhandlung habe der Beschuldigte 1 überdies im Widerspruch zu seiner anfänglichen Darstellung, wonach der Raub seine Idee gewesen sei (pag. 92 Z. 108, pag. 101 Z. 80), ausgesagt, sie seien zusammen auf die Idee gekommen.
Des Weiteren habe der Beschuldigte 1 dem Beschuldigten 2 Infos vorenthalten: Er habe bei der Hafteröffnung erklärt, vor der Tatbegehung sei nicht viel besprochen bzw. abgemacht worden (pag. 101 Z. 68). Nachfolgend habe er auf die Frage, ob er dem Beschuldigten 2 gesagt habe, dass er beim Privatkläger bereits Drogen gesehen sowie von ihm gekauft habe und eben entsprechend davon ausgegangen sei, dass es in dessen Domizil eine grössere Geldsumme habe, geantwortet, dass er sich an die genaue Wortwahl nicht erinnern könne. Er denke aber, dass es so gewesen sei (pag. 15 Z. 82 ff.). Vor dem Berufungsgericht habe er ausgeführt, er habe sich bewusst zurückgehalten, dem Beschuldigten 2 von der Waffe zu erzählen. Der Beschuldigte 1 habe aber gewusst, was beim Privatkläger zu holen sei (pag. 102 Z. 92). Es sei davon auszugehen, dass sich der Beschuldigte 2 bei gleichem Wissen nicht mit so wenig, wie er schliesslich erhalten habe, hätte abspeisen lassen (pag. 103 Z. 142 und Z. 148). Schliesslich habe der Beschuldigte 1 zu Protokoll gegeben, der Beschuldigte 2 habe, als sie zusammen in M.__ (Ortschaft) mit dem Zug losgefahren seien, so wenig wie möglich gewusst. Er glaube nicht, dass der Beschuldigte 2 gewusst habe, dass er eine Waffe dabei gehabt habe (pag. 16 Z. 101 ff.). Erst nachträglich habe er seine Aussagen geändert. Es sei davon auszugehen, dass der Beschuldigte 2 in den genauen Plan des Beschuldigten 1 nicht eingeweiht gewesen sei. Es sei auf die Darstellung des Beschuldigten 2 abzustellen. Dieser habe seine Darstellung von Beginn weg in konstanter Art und Weise dargelegt und sich nicht widersprochen. Auch habe er die Frage, warum der Privatkläger dem Beschuldigten 1 noch Geld schulden sollte, verständlich beantwortet (pag. 117 Z. 382). Im Übrigen spreche auch der Umstand, dass der Beschuldigte 2 den Beschuldigten 1 nicht nach der Höhe der Schulden des Privatklägers gefragt habe, entgegen der Vorinstanz, nicht gegen seine Version. Der Beschuldigte 1 habe dem Beschuldigten 2 den Erhalt von Geld und Drogen in Aussicht gestellt, dies sei insbesondere für einen Suchtkranken ausreichend.
Der Beschuldigte 1 habe aggraviert: Zum Wissen des Beschuldigten 2 über die Waffe, habe der Beschuldigte 1 vor Berufungsinstanz neu vorgebracht, der Beschuldigte 2 habe sich wie ein kleines Kind gefreut, habe die Waffe angefasst, sie hätten eine Nacht lang damit «gespielt», sie auseinandergenommen. Sowie, die Waffe sei der Hauptgrund gewesen, warum man auf die Idee gekommen sei. Der Beschuldigte 2 habe ihn dazu gedrängt, er habe gesagt, «komm das machen wir». Weiter habe er zu Protokoll gegeben, sie seien dann zusammen die Waffe holen gegangen. Zu Beginn habe der Beschuldigte 1 aber ausgesagt, er glaube nicht, dass der Beschuldigte 2 gewusst habe, dass er eine Waffe dabei gehabt habe (pag. 16 Z. 101 ff.). Erst nachträglich, nach Vorhalt der Aussagen des Beschuldigten 2, habe er seine Aussagen abgeändert. Vor der Vorinstanz habe der Beschuldigte 1 sodann gesagt, der Beschuldigte 2 habe von der Waffe gewusst, weil er bei diesem gewohnt habe und ihm diese gezeigt habe (pag. 415 Z. 6 ff.). Auch wenn es sein könne, dass der Beschuldigte 2 von der Existenz der Waffe Kenntnis gehabt habe, reiche es nicht, um auf dessen Wissen über das Mitführen der Waffe durch den Beschuldigten 1 zu schliessen.
Weiter sei entgegen der Vorinstanz, das Nachtatverhalten des Beschuldigten 2 mit dem von ihm geschilderten Schockzustand zu vereinbaren. Die Vorinstanz habe auf die Aussagen des Privatklägers (pag. 133 Z. 75 ff.) abgestellt. Aus diesen könne aber insbesondere nicht darauf geschlossen werden, dass der Beschuldigten 2 von der Waffe Kenntnis gehabt habe. Ein derartiges, wie vom Beschuldigten 2 (pag. 112 Z. 123 ff.) und von der Auskunftsperson (pag. 154 Z. 39 ff.) geschildertes, Nachtatverhalten wäre für jemanden, der wisse bzw. davon ausgehe, dass er gerade einen Raub unter Androhung von Waffen- und Körpergewalt begangen habe, sehr sonderbar. Vielmehr gehe daraus die Verwunderung des Beschuldigten 2, warum das mit dem Schuldeintreiben nicht geklappt habe, hervor. Offenbar sei er sich der Tragweite der Handlungen des Beschuldigten 1 nicht bewusst gewesen. Aufgrund seiner Suchtkrankheit habe der Beschuldigte 2 einen Moment gebraucht, um die Geschehnisse einzuordnen. Auch lasse sich so erklären, dass sich der Beschuldigte 2 dem Privatkläger vorerst in den Weg gestellt und diesen am Verlassen der Örtlichkeit gehindert habe. Die Ausführungen der Vorinstanz, vom Beschuldigten 2 wäre ein anderes Verhalten zu erwarten gewesen, beispielsweise, dass er davonrenne, greife zu kurz. Wie es kein typisches Opferverhalten gebe, gebe es auch kein typisches Verhalten für eine suchtkranke Person. Dem Beschuldigten 2 könne nicht nachgewiesen werden, dass er, in der Absicht den Privatkläger unter Anwendung von Waffen- und Körpergewalt auszurauben und mit dem Ziel, sich unrechtmässig zu bereichern, nach K.__ (Ortschaft) gefahren sei. Die Annahme dieser Darstellung verstosse gegen den Grundsatz in dubio pro reo.
Es sei von folgendem, der Eventualanklage entsprechenden, Beweisergebnis auszugehen: Der Beschuldigte 2 habe am 15. November 2020 mit dem Beschuldigten 1 vereinbart, Letzterem bei Schwierigkeiten bei der Geldeintreibung zu helfen. Der Beschuldigte 2 sei dabei davon ausgegangen, dass der Privatkläger dem Beschuldigten 1 das Geld schulde. Es habe demnach keine unrechtmässige Bereicherungsabsicht vorgelegen. Der eventualiter angeklagte Sachverhalt sei erfüllt. Der Sachverhalt gemäss der Hauptanklage lasse sich jedoch nicht erstellen.
5.2 Vorbringen der Generalstaatsanwaltschaft
Von Seiten der Generalstaatsanwaltschaft wurde oberinstanzlich zusammengefasst vorgebracht (pag. 681 ff.), der vorinstanzlich erstellte Sachverhalt sei zutreffend. Ausser Frage stehe, dass der Beschuldigte 2 dem Privatkläger den Weg versperrt und ihn verbal aufgefordert habe, das Geld herauszugeben. Umstritten sei einzig das Ausmass der Tatbeteiligung des Beschuldigten 2. Zentral sei dabei die Frage, was der Beschuldigte 2 über den Tatplan gewusst habe. Gemäss den eigenen Aussagen des Beschuldigten 2, habe der Beschuldigte 1 gesagt, der Privatkläger schulde ihm Geld und er solle zu seiner Unterstützung mitgehen. Demgegenüber sage der Beschuldigte 1, sie hätten gemeinsam überlegt, wie sie zu Geld kommen könnten. Dabei sei ihm der Privatkläger in den Sinn gekommen. Gemeinsam hätten sie dann beschlossen, diesen ausnehmen zu wollen. Der Ausdruck «Ausnehmen» des Beschuldigten 1 (pag 414 Z. 28), könne nicht mit Geld, auf welches man rechtmässigen Anspruch habe, in Verbindung gebracht werden. Die Verteidigung führe zwar korrekt an, dass der Beschuldigte 1 bei seiner ersten Einvernahme ausgeführt habe, der Beschuldigte 2 habe so wenig gewusst, wie möglich und er glaube nicht, dass der Beschuldigte 2 gewusst habe, dass er eine echte Waffe dabei gehabt habe. Etwas später im Protokoll werde aber ein selbstmotiviertes Korrigendum aufgeführt. Im Weiteren habe der Beschuldigte 1 an seiner Aussage, der Beschuldigte 2 habe von der Waffe gewusst, festgehalten. So habe er ausgeführt, er habe ihm diese in der Wohnung gezeigt. Anschliessend hätten sie begonnen sich «aufzuschaukeln» und die Tat zu planen. Dies sei als starkes Realitätskriterium zu werten. Aufgrund der Waffe fühle man sich stark und man überlege, was mit der Waffe angefangen werden könnte. Es sei von einer gemeinsamen Absprache auszugehen. Die Beschuldigten seien zusammen mit der Absicht, den Privatkläger auszunehmen, nach K.__ (Ortschaft) gefahren. Dort sei nach Plan verfahren worden: Der Beschuldigte 1 gehe als Erster in die Wohnung, weil der Privatkläger diesen kenne. Später solle der Beschuldigte 2 in die Wohnung nachkommen. Es seien aber auch Widersprüche bzw. Relativierungen in den Aussagen des Beschuldigten 1 ersichtlich. Sein Aussageverhalten zum Deliktsbetrag erscheine auf den ersten Blick schwankend, es sei aber davon auszugehen, dass der Umgang mit Geld des Beschuldigen 1 wohl nicht sehr konzis sei. Auch sei die Kernaussage gleichbleibend geblieben. Die Äusserung bezüglich dem Wissen des Beschuldigten 2 über die Waffe, habe der Beschuldigte 1 sodann bereits während der gleichen Einvernahme, beim Verlesen des Protokolls, korrigiert. Dies sei kein Grund, die Glaubhaftigkeit der Aussagen vom Beschuldigten 1 in Zweifel zu ziehen. Demnach sei den Aussagen des Beschuldigten 1 zu folgen. Dieser habe weitestgehend konstant geschildert, wie es zur Tat gekommen sei und es sei ihm möglich gewesen, die Absprachen zwischen den Beschuldigten aufzuzeigen. Zudem habe er sich mit seinen eigenen Aussagen massiv selber belastet und habe auch Umstände zugegeben, welche ihm nicht hätten nachgewiesen werden können.
Hingegen habe der Beschuldigte 2 mehrmals Unwissen vorgebracht. Diese Erinnerungslücken seien unglaubhaft, sie stünden im Widerspruch zu seinen Aussagen zum späteren Geschehen. Der Beschuldigte 2 habe sehr detailliert sagen können, was nach dem eigentlichen Vorfall passiert sei. Dies sei aussagenpsychologisch als Lügensignal zu werten. Während der Beschuldigte 2 Schlimmes unterdrücke, hebe er entschuldigende Umstände hervor. Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb der Beschuldigte 2 geglaubt haben soll, dass der Privatkläger dem Beschuldigten 1 Geld schulde. Es sei auch nicht nachvollziehbar, warum der Beschuldigten 1 im Falle einer berechtigten Forderung, Verstärkung für deren Eintreibung hätte hinzuziehen sollen. Weiter sei unglaubhaft, dass der Beschuldigte 2 beim Anblick der Waffe in der Wohnung des Privatklägers geschockt gewesen sei. Als dieser die Waffe gesehen habe, habe er nicht das Weite gesucht, sondern dem Privatkläger, wie abgemacht, den Weg versperrt. Er habe genau gewusst, dass der Beschuldigte 1 eine ungeladene und demnach ungefährliche Waffe mitgeführt habe.
Es sei dem Beschuldigten 1 zu glauben. Mit der Vorinstanz sei davon auszugehen, dass der Beschuldigten 2 von der Mitnahme der Waffe durch den Beschuldigten 1 gewusst habe. Dem Beschuldigten 2 sei ein erheblicher Tatbeitrag anzurechnen.
6. Beweiswürdigung der Kammer
6.1 Theoretische Grundlagen der Beweiswürdigung
In Bezug auf die allgemeinen Grundlagen zur Beweiswürdigung und zur Aussagenanalyse im Besonderen kann vorab auf die zutreffenden Erwägungen der Vorinstanz verwiesen werden (S. 5 ff. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 503 ff.).
Ergänzend anzuführen ist, dass die der vorliegenden Beweiswürdigung zugrundeliegende Frage, ob der Beschuldigte 2 wusste, dass der Beschuldigte 1 eine Waffe dabei hatte, im Kern auf inneren Tatsachen gründet, die kaum je einem direkten Beweis zugänglich sind, sondern regelmässig erst anhand einer Verbindung verschiedener Indizien ermittelt werden können. Indizien (Anzeichen) sind Hilfstatsachen, die, wenn selber bewiesen, auf eine andere, unmittelbar rechtserhebliche Tatsache schliessen lassen. Der erfolgreiche Indizienbeweis begründet eine der Lebenserfahrung entsprechende Vermutung, dass die nicht bewiesene Tatsache gegeben ist (Urteil des Bundesgerichts 6B_804/2017 vom 23. Mai 2018 E. 2.2.3.4. mit weiteren Hinweisen).
6.2 Beweiswürdigung in concreto
6.2.1 Rahmensachverhalt
Die Kammer schliesst sich den Ausführungen der Vorinstanz zum Rahmensachverhalt (S. 22 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 520) im Grundsatz an. Die Geschehnisse des besagten Abends ergeben sich im Wesentlichen aus den zum Ablauf übereinstimmenden Ausführungen der Verfahrensbeteiligten. Es gilt anzufügen, was folgt:
6.2.2 Mitführen einer geladenen/ungeladenen Waffe
Der Vorinstanz kann insbesondere darin zugestimmt werden, wenn sie in Würdigung der objektiven und subjektiven Beweismittel ausführt, es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die mitgeführte echte Waffe im Tatzeitpunkt geladen war und Munition mitgeführt wurde. Der Beschuldigte 1 hielt diesbezüglich von Anfang an daran fest, die Waffe ungeladen und ohne Munition nach K.__ (Ortschaft) gebracht zu haben. Diesbezüglich kann auf seine glaubhaften Aussagen abgestellt werden, wonach die Waffe zum Glück nicht geladen gewesen sei, ansonsten das Magazin leer wäre (pag. 92 Z. 129 f.) bzw. die Waffe am Tattag nicht geladen gewesen sei, sonst mehr hätte passieren können (pag. 93 Z. 173 f.), man nur Gott danken könne, dass die Waffe nicht geladen gewesen sei (pag. 96 Z. 307 f.) sowie auf die glaubhafte Äusserung vor Berufungsinstanz, wonach das Gute gewesen sei, dass er keine Munition dabei gehabt habe, ansonsten sie noch auf blödere Ideen gekommen wären (pag. 666 Z. 23 f.). Der Beschuldigte 1 konnte somit selber nicht ausschliessen, dass er im Affekt, im Delirium, die Schusswaffe gebraucht und das Magazin geleert hätte. Angesichts dessen, dass der Beschuldigte 1 am Tattag unter dem Einfluss von Drogen und Alkohol stand, ist nicht auszuschliessen, dass eine Schussabgabe bei tatsächlicher Ladung der Waffe erfolgt wäre, was für die Version des Beschuldigten 1 spricht. Alleine durch das spätere Auffinden von Munition kann jedenfalls nicht geschlossen werden, dass am besagten Abend in K.__ (Ortschaft) Munition mitgeführt worden war. Die Begründung des Beschuldigten 1, weshalb die Waffe in der Zwischenzeit bis zu deren Auffinden geladen wurde, namentlich, weil er damit über die Grenze gehen wollte, erscheint demgegenüber nicht als glaubhaft. Auch kann er nicht klar angeben, wann er denn die Munition an seinem früheren Domizil geholt hat. Auf konkrete Frage der Gerichtspräsidentin gab er im Rahmen der Befragung an der erstinstanzlichen Hauptverhandlung die Antwort, er habe die Munition dazwischen geholt, weil er gewusst habe, dass er leere Magazine gehabt habe. Er habe in der Zwischenzeit alles geholt, damit er alles beieinander habe (pag. 416 Z. 6 ff.). Auf Frage, wann er die Waffe geladen habe, gab er ausweichend an, im Nachhinein, er habe ja noch zwei/drei Tage bei C.__ gewohnt. In der Zeit habe er die Munition bei sich gehabt (pag. 416 Z. 10 ff.). Auch anlässlich der oberinstanzlichen Berufungsverhandlung blieb er einer konkreten Antwort, wann genau er die Munition geholt und die Waffe geladen habe, schuldig (pag. 667 Z. 16 ff.). Diese Frage muss mangels Beweisbarkeit offen bleiben.
In Anwendung des Grundsatzes in dubio pro reo und auch mit Blick auf das Verschlechterungsverbot ist auch oberinstanzlich davon auszugehen, dass die Schusswaffe im Tatzeitpunkt nicht geladen war. Ein qualifizierter Raub steht damit vorliegend nicht zur Diskussion.
6.2.3 Verbleib der Zigaretten und des Schlüsselbundes
Die vorinstanzliche Würdigung, wonach der Verbleib der Zigaretten und des Schlüsselbundes unklar bleibe, ist nicht zu beanstanden (S. 22 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 520). Es kann nicht mehr eruiert werden, ob der Beschuldigte 1 und/oder der Beschuldigte 2 die in der Anklageschrift aufgeführten zwei Packungen Zigaretten und einen Schlüsselbund entwendet haben nicht. Diesbezüglich kann der Sachverhalt nicht als erstellt gelten.
6.2.4 Deliktsbetrag
Während die Vorinstanz den entwendeten Bargeldbetrag auf CHF 700.00 bezifferte, erscheint es als angezeigt, diesen auf lediglich CHF 600.00 festzusetzen. Der Privatkläger hielt in seiner ersten Einvernahme dafür, dass ihm insgesamt rund CHF 400.00 entwendet worden seien. Er gab denn auch gleich noch die konkrete Stückelung der Noten mit «1x CHF 200.00, 1x CHF 100.00 und 1x CHF 50.00 und sonst noch Geld» an (pag. 133 Z. 72 ff.). Diesen Betrag bestätigte er in derselben Einvernahme noch einmal, indem er aussagte, es seien ca. CHF 400.00 Bargeld gewesen (pag. 136 Z. 191). Erst anlässlich seiner Einvernahme bei der Staatsanwaltschaft gab er an, es müsse mehr Geld gewesen sein, als er bei der Polizei angegeben habe. Er habe nachgerechnet, wieviel Geld dort gelegen haben müsse, nämlich insgesamt über CHF 700.00. Zwei Stromrechnungen und eine TV-Rechnung (pag. 148 Z. 148 ff.). Die erst nachträgliche Erhöhung des angeblich entwendeten Betrags um fast das Doppelte erscheint nachgeschoben und nicht glaubhaft. Auf die Bezifferung des Privatklägers, es seien über CHF 700.00 gewesen, kann nicht abgestellt werden. Vielmehr ist vorliegend in Anlehnung an die Aussagen des Beschuldigten 1 davon auszugehen, dass der entwendete Bargeldbetrag CHF 600.00 betrug. So gab der Beschuldigten 1 mehrfach gleichbleibend und somit glaubhaft an, dass er vom Bargeld CHF 350.00 und der Beschuldigten 2 CHF 250.00 erhalten hätten (pag. 93 Z. 152 f., pag. 416 Z. 42 ff.). Auch hat er die ungleiche Aufteilung nachvollziehbar damit erklärt, dass er dem Beschuldigten 2 einen Teil der Beute vorenthalten habe (pag. 93 Z. 159 ff., pag. 103 Z. 141 ff.). Darauf kann abgestellt werden. Wie viel Drogen erbeutet wurde, kann mangels konkreter Angaben der Beteiligten nicht mehr abschliessen eruiert werden. Der Deliktsbetrag beläuft sich somit auf CHF 600.00.
6.2.5 Wissen vom Beschuldigten 2 betreffend Besitz und Mitführen einer echten Schusswaffe durch den Beschuldigten 1
Die Frage, ob der Beschuldigten 2 wusste, dass der Beschuldigten 1 eine echte Schusswaffe bei sich hatte, ist vorliegend mangels objektiver Beweismittel durch Würdigung der sich gegenüberstehenden Aussagen der beiden Beschuldigten zu beantworten:
Mit Blick auf die Würdigung der Aussagen des Beschuldigten 1 kann der Vorinstanz zugestimmt werden, wenn sie festhält, dieser habe den Raub von Anfang an zugegeben und detailreiche Aussagen gemacht, wie beispielsweise, wo der Privatkläger überall Drogen aufbewahrt habe. Mit seinen Aussagen hat sich der Beschuldigte 1 auch selber zusätzlich belastet, indem er angegeben hat, neben dem Bargeld noch 5-10 Gramm Heroin entwendet zu haben. Auch hat er von sich aus zugegeben, dass er dem Beschuldigten 2 einen Teil der Beute vorenthalten habe. Solches hätte ihm nicht nachgewiesen werden können. Insoweit ist zusammen mit der Vorinstanz in Anwendung der Beweiswürdigungsregeln von grundsätzlich glaubhaften Ausführungen des Beschuldigten 1 auszugehen (vgl. S. 23 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 521).
Vorab fragt sich, ob der Beschuldigte 2 wusste, dass der Beschuldigte 1 eine echte Schusswaffe besass. Dies wurde vom Beschuldigten 1 konstant bejaht. Auf entsprechende Frage führte er vor der Vorinstanz aus, er habe beim Beschuldigten 2 gewohnt und habe ihm die Waffe zu Hause in der Stube gezeigt (pag. 415 Z. 12 ff.). Vor Berufungsinstanz bestätigte er diese Aussage (pag. 665 Z. 23 ff.). Wann genau das in zeitlicher Hinsicht gewesen sein soll und unter welchen Umständen das Zeigen der Waffe stattgefunden hat, blieb offen. Vermutungsweise hätte dies am Tattag bzw. am Tag zuvor geschehen müssen, nachdem der Beschuldigte 1 die Waffe aus dem Versteck geholt hatte (pag. 94 Z. 192 f., pag. 96 Z. 295 f., pag. 415 Z. 1 ff.). Dies ergibt sich auch aus den Aussagen des Beschuldigten 1 anlässlich der Berufungsverhandlung, wonach er die Waffe vor dem Ausflug geholt habe und sie gemeinsam die ganze Nacht mit der Waffe «gespielt», sie auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt hätten (pag. 665 ff. Z. 34 ff.). Dem widersprechend führte der Beschuldigte 2 aus, er habe seinen damaligen Mitbewohner gerade deshalb aus der Wohnung geworfen, weil dieser die Waffe in seiner Wohnung aufbewahrte, was er nicht toleriert habe (pag. 115 Z. 300 ff.). Anlässlich der erstinstanzlichen Hauptverhandlung gab er zu Protokoll: «Wenn ich gewusst hätte, dass in meiner Wohnung eine Waffe ist – ich meine, es kommen auch andere Leute dort hin. Ich hätte das nicht gemacht. Da wäre ich nicht mitgefahren, auf keinen Fall» (pag. 423 Z. 18). Sein Missfallen gegenüber Waffen betont er auch mit Aussagen wie, er sei nie beim Militär gewesen und kenne sich damit (mit Waffen) nicht aus (pag. 113 Z. 214), er habe noch nie in seinem Leben etwas mit einer Pistole gemacht (pag. 118 Z. 426; pag. 119 Z. 508 f.). Diese Haltung wiederspiegelt sich in den wiederholten konstanten Aussagen, wonach er nicht mitgegangen wäre, wenn er gewusst hätte, dass der Beschuldigte 1 eine Waffe mit sich trage (pag. 114 Z. 246, pag. 119 Z. 507 ff., pag. 128 Z. 209).
Ob der Beschuldigte 2 die Waffe des Beschuldigten 1 vor dem Überfall zu Gesicht bekommen hat, kann nicht abschliessend eruiert werden und muss vorliegend offen bleiben. So ist jedenfalls nicht zweifelsfrei auszuschliessen, dass der Beschuldigte 2 die Waffe erst während dem Überfall gesehen hat und sie ihm erst danach noch vom Beschuldigten 1 gezeigt wurde.
Von der Frage, ob der Beschuldigte 2 ganz generell vom Besitz der Waffe durch den Beschuldigten 1 gewusst hat, ist sodann diejenige abzugrenzen, ob er gewusst hat, dass der Beschuldigte 1 am Tattag eine Waffe nach K.__ (Ortschaft) mitführte. Denn auch aus einem allfälligen Zeigen der Waffe vor dem Überfall kann keinesfalls geschlossen werden, dass der Beschuldigte 2 Kenntnis davon hatte, dass der Beschuldigte 1 die gezeigte Waffe nach K.__ (Ortschaft) mitnehmen würde. Dieser Rückschluss ist nicht zulässig, zumal der Beschuldigte 1 auch nie behauptet hat, er habe dem Beschuldigten 2 die Waffe im Zusammenhang mit dem geplanten Raubüberfall gezeigt, mithin auch nicht, als sie bereits auf dem Weg nach K.__ (Ortschaft) waren.
Entgegen den Ausführungen der Vorinstanz (S. 23 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 521) hat der Beschuldigte 1 in Bezug auf das Wissen des Beschuldigten 2 um das Mitführen der Waffe nicht konstant ausgesagt. So hat sich der Beschuldigte 1 bei der Staatsanwaltschaft zuerst dahingehend geäussert, dass der Beschuldigte 2 so wenig wie möglich gewusst habe und er nicht glaube, dass dieser von einer echten Waffe gewusst habe (hervorgehoben durch die Kammer; pag. 102 Z. 101 ff.). Im Verlauf der weiteren Einvernahme relativierte der Beschuldigte 1 seine Erstaussage und hielt fest, er glaube der Beschuldigte 2 habe gewusst, dass er eine ungeladene Waffe dabeigehabt habe (pag. 102 Z. 117). Erst auf Vorhalt, dass der Beschuldigte 2 gegenüber der Polizei angegeben habe, erst dann bemerkt zu haben, dass der Beschuldigte 1 eine Schusswaffe bei sich gehabt habe, als er die Wohnung betrat, scheint sich der Beschuldigte 1 sicher zu sein und gab an, der Beschuldigte 2 habe gewusst, dass er die Waffe dabeigehabt habe (pag. 104 Z. 177). Noch etwas später beim Verlesen des Protokolls korrigierte der Beschuldigte 1 seine erste – noch verneinende – Aussage und gab an, der Beschuldigte 2 habe von Anfang an gewusst, dass er eine Waffe dabeigehabt habe (pag. 102 Z. 109 f.). Die erste – und damit die spontanste und noch unbeeinflusste – Aussage des Beschuldigten 1 lautete demnach faktisch gegenteilig zur später angebrachten Korrektur. Dazwischen liegt noch eine relativierende Aussage, wonach er bloss glaube, dass der Beschuldigte 2 vom Mitführen der ungeladenen Waffe gewusst habe. Insofern kann entgegen den Ausführungen der Vorinstanz bezüglich des Wissens des Beschuldigten 2 um das Mitführen der Waffe nicht von konstanten Aussagen des Beschuldigten 1 gesprochen werden. Vielmehr sind bei seinen Aussagen Aggravierungstendenzen festzustellen. Auf seine diesbezüglichen Aussagen kann folglich nicht abgestellt werden.
Demgegenüber führte der Beschuldigte 2 von Anfang an – bereits auf die erste Frage der Polizei zur Sache – aus, dass er nichts von der Schusswaffe gewusst habe (pag. 110 Z. 39). An dieser Aussage hielt er auch in den weiteren Befragungen konstant fest (pag. 123 Z. 49 f., pag. 127 Z. 194, pag. 128 Z. 209). Für die Glaubhaftigkeit der Aussagen des Beschuldigten 2 spricht weiter, dass er ausführte, der Beschuldigte 1 und er seien sich am Bahnhof in K.__ (Ortschaft) in die Haare geraten. Dies «Erstens wegen der Schusswaffe und das alles nur wegen CHF 200.00» (pag. 111 Z. 93 f.). Es ist fraglich, weshalb sich die beiden über die Waffe hätten streiten sollen, wenn der Beschuldigte 2 doch gewusst haben soll, dass der Beschuldigte 1 die Schusswaffe dabeihatte.
Insgesamt kann folglich nicht gesagt werden, die Aussagen des Beschuldigten 2 seien unglaubhaft. Demgegenüber erachtet die Kammer die Aussagen des Beschuldigten 1 als in diesem wesentlichen Punkt nicht konstant, in sich widersprüchlich und somit unglaubhaft. In Anwendung des Grundsatzes «in dubio pro reo» ist zugunsten des Beschuldigten 2 davon auszugehen, dass er nicht wusste, dass der Beschuldigte 1 eine echte Schusswaffe nach K.__ (Ortschaft) mitführte.
6.2.6 Tatentschluss in Bezug auf die Androhung von körperlicher Gewalt und Waffengewalt
Dem Beschuldigten 1 war von Anfang an klar, dass er den Privatkläger unter Androhung von Waffengewalt ausnehmen wollte (pag. 92 Z. 118 ff., vgl. auch Parteivortrag von Rechtsanwältin E.__ anlässlich der Berufungsverhandlung; pag. 676). Was genau zwischen den Beschuldigten besprochen wurde, lässt sich heute nicht mehr abschliessend eruieren. Dennoch ging der Beschuldigte 2 auch ohne Wissen um die Mitnahme der Waffe von Anfang an davon aus, dass das «Ausnehmen» des Privatklägers mit Anwendung von Gewalt einhergehen könnte. Im Rahmen seiner Einvernahmen gab er mehrmals zu Protokoll, er sei mitgegangen, falls es Probleme/Schwierigkeiten geben (pag. 110 Z. 38, pag. 117 Z. 371, pag. 125 Z. 112) lauter werden würde (pag. 111 Z. 103 f., pag. 114 Z. 239) bzw. für den Fall, dass irgendetwas passiere (pag. 423 Z. 27 f., pag. 424 Z. 2). Anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung erklärte er zudem: «Wenn irgendetwas sein sollte, sollte ich ihn unterstützen, wenn das Opfer ihm das Geld nicht gibt» (pag. 423 Z. 39 f.) und auf Nachfrage, wie die Unterstützung hätte aussehen sollen: «Ich sollte einfach nur hinkommen, wenn irgendetwas passiert. Ich schätze, wenn er ihm das Geld nicht gibt» (pag. 424 Z. 1 ff.). Danach gefragt, was er sich überlegt habe, was in K.__ (Ortschaft) geschehen könnte, antwortete der Beschuldigte 2 vor der Staatsanwaltschaft: «Es könnte zu Gewalt kommen, die beiden könnten sich schlagen. Das habe ich mir schon gedacht. Oder einer leugnet das. Schlagen, davon bin ich ausgegangen, dass es Schwierigkeiten geben könnte» (pag. 126 Z. 136 ff.).
Des Weiteren hätte der Beschuldigte 1 wohl kaum eine zweite Person mitgenommen, wenn davon auszugehen gewesen wäre, dass der Privatkläger das Geld ohne Weiteres und ohne Gegenwehr herausgeben würde. Ebenfalls und insbesondere nach den oben angeführten Aussagen des Beschuldigten 2, ist nicht naheliegend, dass die beiden Beschuldigten, obwohl sie beieinander wohnten und zusammen zwei Stunden mit dem Zug nach K.__ (Ortschaft) fuhren, nicht darüber geredet haben, was im Falle einer Weigerung der Geldherausgabe passieren würde. Insofern ist dem Beschuldigten 2 anzulasten, dass er bei der Planung des Tathergangs damit gerechnet hat, dass körperliche Gewalt angewendet werden würde und dies entsprechend auch gewollt hat.
Was die Anwendung von Waffengewalt betrifft, hat die Vorinstanz den Umstand, dass der Beschuldigte 2 beim Anblick der Waffenführung durch den Beschuldigten 1 nicht davon gerannt sei und demnach ihrer Ansicht nach nicht in klassischer Weise schockiert reagiert habe, zu dessen Nachteil gewichtet (S. 24 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 522). Die Kammer folgt der Vorinstanz dabei insoweit, als es dem Beschuldigten 2 nachdem er die Waffe beim Eintreten in die Wohnung des Privatklägers erblickte (pag. 110 Z. 43 f., pag. 114 Z. 232, pag. 423 Z. 33) offen gestanden wäre, rechtsumkehrt zu machen, die Örtlichkeit ohne zu zögern zu verlassen und alleine mit dem Zug wieder zurückzufahren. Stattdessen blieb er in der Türe und damit im Fluchtweg des Privatklägers stehen (pag. 110 Z. 45 ff., pag. 111 Z. 110 f., pag. 113 Z. 196, pag. 423 Z. 34 f.), breitete seine Arme aus (pag. 113 Z. 194), verschloss die Türe hinter sich (pag. 126 Z. 153), hielt den Privatkläger – auch wenn möglicherweise, wie von ihm geltend gemacht, nicht stark – fest (pag. 129 Z. 273) und forderte den Privatkläger mündlich zur Geldübergabe an den Beschuldigten 1 auf (pag. 111 Z. 72 f., pag. 126 Z. 154, pag. 129 Z. 269, pag. 423 Z. 40). Zusammenfassend kann die Antwort des Beschuldigten 2 auf die Frage, was er gemacht habe, nachdem er den Beschuldigten 1 und den Privatkläger in der Wohnung erblickt habe, wiedergegeben werden: «Ich habe erstmal gar nichts gemacht. Ich habe zuerst einen kleinen Schock gekriegt, musste zuerst etwas überlegen, wegen der Schusswaffe und so. Das Opfer kam immer näher auf mich zu. Ich stand vor der Türe, habe diese hinter mir geschlossen. Das laute schreien hat mich nervös gemacht. Ich habe ihm gesagt ‹gib ihm das doch, dann ist es erledigt›» (pag. 126 Z. 150 ff.). Überdies ist daran zu erinnern, dass der Beschuldigte 2 wie dargelegt agierte, nachdem er erkannt hatte, dass der Beschuldigte 1 den Privatkläger geschlagen hatte (pag. 110 Z. 46 f., pag. 112 Z. 159 ff.).
Indem der Beschuldigte 2 trotz Kenntnisnahme des Einsatzes einer Waffe durch den Beschuldigten 1 im Raum verblieb und den Privatkläger am Verlassen seiner Wohnung hinderte sowie zur Geldübergabe aufforderte, hat er sich den ursprünglichen Tatentschluss des Beschuldigten 1 zu eigen gemacht und seinen Tatbeitrag im Wissen um die Androhung von Waffengewalt fortgeführt.
6.2.7 Bereicherungsabsicht
Nicht geglaubt werden kann hingegen den Aussagen des Beschuldigten 2, wonach er, weil mit dem Beschuldigten 1 so vereinbart, davon ausgegangen sei, dass er diesem lediglich beim Eintreiben von Geldschulden helfen sollte. Der von der Staatsanwaltschaft geäusserten und von der Vorinstanz übernommenen Vermutung, diesfalls hätte der Beschuldigte 2 bezüglich Geldschulden weitere Informationen vom Beschuldigten 1 eingeholt, folgt die Kammer. Im Drogenmilieu ist es zwar grundsätzlich nicht aussergewöhnlich, wenn Konsumenten einem Drogenhändler Geld schulden und diese Schulden auch eingetrieben werden. Andersherum, also, dass ein Drogenhändler einem Konsumenten Geld schuldet, erscheint jedoch nicht naheliegend. Dass – hätte der Beschuldigten 1 gegenüber dem Beschuldigten 2 ein Schuldverhältnis tatsächlich behauptet – während der zweistündigen Fahrt nach K.__ (Ortschaft) nicht über Details, wie beispielsweise das Zustandekommen die Höhe der Geldschuld gesprochen wurde, erscheint abwegig. Auch zumal sich der Beschuldigte 2 mit auf den Weg nach K.__ (Ortschaft) machte, weil sie aufgrund ihrer Sucht Geldprobleme hatten und Drogen brauchten (pag. 124 Z. 80, pag. 125 Z. 103). Er habe zu dieser Zeit auch nichts gehabt (pag. 126 Z. 133) und der Beschuldigte 1 habe ihm versprochen, dass er etwas Geld kriege (pag. 127 Z. 168, pag. 423 Z. 44). Auch ist nicht davon auszugehen, dass der Beschuldigte 1 das erbeutete Geld geteilt hätte, wenn dieses ihm aufgrund einer Forderung rechtmässig zugestande hätte. Die diesebezüglich gemachten Ausführungen des Beschuldigten 2 erscheinen insgesamt als Schutzbehauptungen und es kann nicht darauf abgestellt werden.
Der Vorinstanz ist somit zuzustimmen, wenn sie in Anlehnung an die Aussagen des Beschuldigten 1 davon ausgeht, der Beschuldigte 2 habe von Anfang an gewusst, dass es um ein «Ausnehmen» bzw. um die «Begehung eines Raubes zum Nachteil des Privatklägers» und nicht um ein «Eintreiben einer bestehenden Forderung» gegangen sei (vgl. hierzu S. 25 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 523).
6.3 Fazit
Zusammenfassend gilt folgender Sachverhalt als erstellt:
Der Beschuldigte 2 begab sich gemeinsam mit dem Beschuldigten 1 zur Wohnung des Privatklägers im Wissen, dass dieser zu Hause Bargeld aufbewahrte und in der Absicht, dieses wenn nötig unter Anwendung von Gewalt zu entwenden und sich damit unrechtmässig zu bereichern. Von der vom Beschuldigten 1 mitgeführten Schusswaffe wusste der Beschuldigte 2 in diesem Zeitpunkt noch nichts.
In der Folge betrat der Beschuldigte 1 zuerst die Wohnung des Privatklägers, zog die mitgeführte, nicht mit Munition geladene Pistole SIG-Sauer P229, richtete diese gegen den Kopf des Privatklägers und ging auf ihn zu, bis sich der Lauf der Pistole ein paar Zentimeter vor dessen Gesicht befand. Der Beschuldigte 1 verlangte dann Geld vom Privatkläger. Als der Privatkläger merkte, dass es dem Beschuldigten 1 ernst war, versuchte er die Wohnung zu verlassen, worauf der Beschuldigte 1 mehrmals mit dem Magazinunterteil der Pistole gegen den Kopf und den Nacken des Privatklägers schlug. Gleichzeitig betrat der Beschuldigte 2 die Wohnung. Er sah, wie der Beschuldigte 1 die Pistole auf den Privatkläger richtete und nahm auch dessen Schläge gegen den Kopf/Nacken des Privatklägers wahr. Anstatt die Wohnung beim Anblick der Waffe und der Schläge sofort wieder zu verlassen, entschloss sich der Beschuldigte 2, sich dem Vorhaben des Beschuldigten 1 – unter Anwendung von körperlicher Gewalt und Androhung von Waffengewalt Geld zu entwenden – anzuschliessen, machte die Türe hinter sich zu und hinderte den Privatkläger am Verlassen der Wohnung, indem er seine Arme ausbreitete und den Privatkläger festhielt. Sodann forderte er den Privatkläger mündlich auf, das Geld an den Beschuldigten 1 zu übergeben. Es kam zu einem Gerangel. Der Privatkläger händigte in der Folge Bargeld im Betrag von rund CHF 600.00 an den Beschuldigten 1 aus. Schliesslich gelang es dem Privatkläger, die Wohnung zu verlassen, worauf der Beschuldigte 1 und der Beschuldigte 2 diese ebenfalls mit den entwendeten Vermögenswerten verliessen. Die beiden Beschuldigten trafen sich am Bahnhof K.__ (Ortschaft) wieder und fuhren gemeinsam mit dem Zug zurück. Von der erbeuteten Barschaft in der Höhe von CHF 600.00 erhielt der Beschuldigte 2 vom Beschuldigten 1 CHF 250.00.
Der Beschuldigte 2 beteiligte sich an der Planung des Raubes (zuerst noch unter Androhung von Gewalt), wusste spätestens im Zeitpunkt, als er die Waffe sah, um die oben beschriebene Vorgehensweise und profitierte schliesslich auch von der Beute. Durch seine Beteiligung leistete er mithin einen nicht vernachlässigbaren Tatbeitrag, da sein Erscheinen für die Verhinderung der Flucht und die Herausgabe des Geldes durch den Privatkläger kausal war.
Der Privatkläger erlitt durch die Schläge mit der Pistole und dem «Gerangel» respektive einem Ziehen an seiner Halskette Hautrötungen, Hautverfärbungen, Hauteinblutungen und Hautabschürfungen am Hals und am Rücken.
III. Rechtliche Würdigung
1. Oberinstanzliche Vorbringen der Parteien
Seitens der Verteidigung des Beschuldigten 2 wurde unter Verweis auf die einschlägige Literatur oberinstanzlich zusammengefasst vorgetragen (pag. 678 ff.), der Tatbestand der Nötigung komme zum Tragen, wenn der Täter keinen Diebstahl bzw. Raub begehen wolle, zum Beispiel, weil es ihm an der unrechtmässigen Bereicherungsabsicht fehle. Dem Beschuldigten 2 habe vorliegend die Absicht der unrechtmässigen Bereicherung gefehlt. Der Beschuldigte 2 sei davon ausgegangen, dass der Beschuldigte 1 vom Privatkläger Geld zu Gute habe und es demnach um die Eintreibung einer bestehenden und berechtigten Forderung gegangen sei. In Bezug auf die Handlungen des Beschuldigten 1 sei von einem Exzess eines Mittäters auszugehen, dieser sei dem Beschuldigten 2 nicht anzurechnen. Dass der Beschuldigte 1 die Waffe mitnehme und einsetze, sei ein klares Abweichen vom Tatplan. Der Beschuldigte 2 sei von einer anderen Sachlage, von einer berechtigten Geldeintreibung statt von einem Raub, ausgegangen. Der Tatbestand der Nötigung sei hingegen erfüllt und der Beschuldigte 2 sei wegen Nötigung zum Nachteil des Privatklägers schuldig zu sprechen.
Seitens der Generalstaatsanwaltschaft wurde oberinstanzlich zusammengefasst geltend gemacht (pag. 685), es sei einzig umstritten, ob der Tatbeitrag des Beschuldigten 2 den Tatbestand des Raubes der Nötigung erfülle. Bei einem Raub sei die Nötigungshandlung darauf ausgerichtet einen Diebstahl zu begehen. Der Beschuldigte 2 habe den Privatkläger daran gehindert die Wohnung zu verlassen, indem er diesem den Weg versperrt habe. Auch habe er diesen verbal aufgefordert, Geld herauszurücken. Dies reiche für die Annahme eines Diebstahls bzw. für die Annahme der Wegnahme einer fremden beweglichen Sache zu seinen eigenen Gunsten. Auch die Bereicherungsabsicht sei vom Vorsatz des Beschuldigten 2 erfasst gewesen. Der Beschuldigte 2 habe gewusst, dass es um einen Raub und nicht um die Eintreibung einer Forderung gegangen sei. Er sei mitgegangen, um seine eigene Drogensucht finanzieren zu können. In diesem Zusammenhang habe er dem Privatkläger gedroht und die Geldwegnahme mit ermöglicht. Der Tatbeitrag des Beschuldigten 2 sei klar kausal gewesen für den Taterfolg. Der Beschuldigte 2 habe zunächst angegeben CHF 100.00 erhalten zu haben, wobei er später anlässlich der vorinstanzlichen Hauptverhandlung angab, nicht mehr sicher zu sein, ob er Bargeld erhalten habe. Er habe aber von den Drogen, die gekauft worden seien, etwas abbekommen. Gemäss den Aussagen des Beschuldigten 1 habe der Beschuldigte 2 CHF 250.00 erhalten. Sie hätten das Geld aufgeteilt, den gestohlenen Stoff habe er für sich behalten. Der Beschuldigte 2 habe also sicher vom Diebesgut profitiert. Die Vorinstanz habe ihn zu Recht wegen Raubes in Mittäterschaft schuldig erklärt.
2. Raub, evtl. qualifiziert begangen unter Mitführen einer Schusswaffe
2.1 Rechtliche Grundlagen
2.1.1 Grundtatbestand Raub (Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB)
Nach Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB macht sich des Raubes schuldig, wer mit Gewalt gegen eine Person unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib Leben nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht.
Raub stellt ein aus einem Diebstahl und einer (qualifizierten) Nötigung zusammengesetztes Delikt dar (Niggli/Riedo, in: Basler Kommentar Strafrecht II, 4. Aufl. 2019, N. 13 f. und 43 zu Art. 140 StGB).
Zum einen wird zur Vollendung des Raubes in jedem Falle die Vollendung eines Diebstahls vorausgesetzt, zum anderen wird dieser Diebstahl erst dadurch zum Raub, dass zum Zwecke der Begehung eines Diebstahls eine qualifizierte Nötigung begangen wird. Das Gesetz nennt alternativ drei Nötigungshandlungen, namentlich Gewalt gegen eine Person, Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib Leben sowie das Bewirken der Widerstandsunfähigkeit. Gewalt im Kontext des Raubes wird als unmittelbare physische Einwirkung auf den Körper einer Person verstanden. Nicht mehr vorausgesetzt ist, dass das Opfer durch die Gewaltanwendung widerstandsunfähig wird bzw. dass dies nachgewiesen werden muss. Die Intensität der Gewalt bleibt jedoch weiterhin massgeblich. Die Gewalt muss nicht nur darauf gerichtet sein, den Widerstand des Opfers zu brechen, sie muss auch eine Intensität aufweisen, die dies grundsätzlich ermöglichen würde. Als zweite Tatvariante nennt das Gesetz die Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib Leben. Auch hier wird nicht mehr verlangt, dass die Drohung das Opfer widerstandsunfähig macht. Analog zur Gewalt ist indes auch hier zu fordern, dass die Drohung grundsätzlich geeignet ist, das Opfer widerstandsunfähig zu machen. Die angedrohte Beeinträchtigung der körperlichen Integrität muss entsprechend eine erhebliche sein. Die Drohung muss so ausgestaltet sein, dass sich ihr auch ein anderer, «besonnener Mensch» in derselben Situation beugen würde. Der Täter muss die Drohung nicht ausführen wollen, es reicht aus, dass sie als ernstgemeint erscheint. Andererseits muss die Gefahr, die angedroht ist, gegenwärtig sein. Die Drohung kann sowohl ausdrücklich formuliert konkludent, etwa durch Vorhalten einer Waffe, erfolgen. Mit der dritten Tatvariante – das Bewirken der Widerstandsunfähigkeit – sind andere Tatmittel als Gewalt Drohung gemeint, durch welche der Täter das Opfer widerstandsunfähig macht. Anders als bei den anderen beiden Tatbegehungsvarianten (Gewalt und Bedrohung) muss hier die Widerstandsunfähigkeit des Opfers nachgewiesen werden (Niggli/Riedo, a.a.O., N. 14 ff. zu Art. 140 StGB).
Nach der Tatvariante von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB muss der Täter sodann als Konsequenz der begangenen Nötigungshandlung einen Diebstahl begehen, das heisst, eine fremde, bewegliche Sache in Bereicherungsabsicht zur Aneignung wegnehmen. Fremd ist eine Sache dann, wenn sie nicht im Alleineigentum des Täters steht. Eine Wegnahme liegt vor bei Bruch fremden und Begründung neuen, regelmässig – aber nicht notwendig – eigenen Gewahrsams. Gewahrsam wird definiert als tatsächliche Sachherrschaft nach den Regeln des sozialen Lebens. Die Aneignung erfolgt durch den Willen, die Sache dauernd zu enteignen und sich zumindest vorübergehend anzueignen, sowie durch die Betätigung dieses Aneignungswillens (Niggli/Riedo, a.a.O., N. 42 zu Art. 140 StGB; N. 51 und 62 f. zu Art. 139 StGB).
In subjektiver Hinsicht ist Vorsatz erforderlich. Der Vorsatz muss sich dabei insbesondere auf die Ausübung der Nötigungshandlung (Gewalt, Drohung, Bewirken der Widerstandsunfähigkeit) gegenüber dem Opfer zum Zwecke der Begehung eines Diebstahls beziehen. Zusätzlich müssen auch die Aneignungsabsicht sowie die Absicht unrechtmässiger Bereicherung vorliegen (Niggli/Riedo, a.a.O., N. 44 f. zu Art. 140 StGB).
2.1.2 Qualifizierter Raub durch Mitführen einer Waffe (Art. 140 Ziff. 2 StGB)
Die Strafdrohung beträgt mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe, wenn der Täter zum Zweck des Raubes eine Schusswaffe eine andere gefährliche Waffe mit sich führt (Art. 140 Ziff. 2 StGB).
Wie die Vorinstanz zutreffend anführte (S. 29 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 527), hängt das Qualifikationsmerkmal – Mitführen einer Waffe – vom objektiv gefährlichen Charakter der Waffe und nicht vom subjektiven Eindruck ab, den das Opfer von der Waffe haben könnte. Das Merkmal des Mitführens einer Schusswaffe ist daher nicht erfüllt, wenn diese defekt ist, dem Täter die erforderliche Munition nicht in nächster Nähe zur Verfügung steht er eine blosse Attrappe auf sich trägt (Niggli/Riedo, a.a.O., N. 147 zu Art. 139 StGB).
2.1.3 Mittäterschaft
Das StGB enthält keine allgemeine Definition der Mittäterschaft. Nach der bundesgerichtlichen Umschreibung gilt als Mittäter, «wer bei der Entschliessung, Planung Ausführung eines Deliktes vorsätzlich und in massgebender Weise mit anderen Tätern zusammenwirkt, so dass er als Hauptbeteiligter dasteht; dabei kommt es darauf an, ob der Tatbeitrag nach den Umständen des konkreten Falles und dem Tatplan für die Ausführung des Deliktes so wesentlich ist, dass sie mit ihm steht fällt» (BGE 133 IV 76 E. 2.7; 130 IV 58 E. 9.2.1; 126 IV 84 E. 2c/aa; 125 IV 134 E. 3a; 120 IV 265 E. 2c/aa). Das blosse Wollen der Tat, d.h. der subjektive Wille allein, genügt zur Begründung der Mittäterschaft nicht. Der Mittäter muss bei der Entschliessung, Planung Ausführung der Tat vielmehr auch tatsächlich mitwirken (BGE 130 IV 58 E. 9.2.1; 125 IV 134 E. 3a).
In subjektiver Hinsicht setzt Mittäterschaft Vorsatz (Art. 12 Abs. 2 StGB) und einen gemeinsamen Tatentschluss voraus. Der gemeinsame Tatentschluss braucht nicht ausdrücklich zu sein, er kann auch bloss konkludent bekundet werden, wobei Eventualvorsatz genügt. Der Mittäter braucht an der ursprünglichen Entschlussfassung nicht von Anfang an mitgewirkt zu haben, er kann sich den Tatentschluss auch erst sukzessive (spätestens bis zur Vollendung des Deliktes) zu eigen machen (BGE 130 IV 58 E. 9.2.1; Forster, in: Basler Kommentar, Strafrecht I, 4. Aufl. 2018, N. 12 vor Art. 24 StGB). Auch an spontanen, nicht geplanten Aktionen unkoordinierten Straftaten ist Mittäterschaft möglich. Die Inkaufnahme durch Billigen Einverständnis im Sinne des Eventualvorsatzes erfasst auch den unerwünschten, aber um des Handlungsziels willen hingenommenen Erfolg. Das Zusammenwirken im konkludenten Handeln begründet Mittäterschaft. Wer die Kriterien der Mittäterschaft erfüllt, muss sich die Taten seiner Mittäter grundsätzlich zurechnen lassen (Urteil des Bundesgerichts 6B_939/2013 vom 17. Juni 2014 E. 2 mit Hinweisen).
Beim Exzess des Haupttäters wird eine schwerere Straftat verübt, als unter den Tätern ausdrücklich konkludent geplant bzw. initiiert. Dem Mittäter wird ein Exzess der übrigen Mittäter nur angerechnet, falls ihm ein entsprechender (Eventual-) Vorsatz nachgewiesen werden kann (Forster, a.a.O., N. 13 vor Art. 24 StGB). Der Mittäter haftet bis zur Grenze seines Vorsatzes (BGE 118 IV 227 E. 5d.cc).
Die Abgrenzung zur blossen Gehilfenschaft nach Art. 25 StGB lässt sich wie folgt vornehmen: Als Gehilfe ist nach Art. 25 StGB strafbar, wer zu einem Verbrechen Vergehen vorsätzlich Hilfe leistet. Darunter fällt jeder kausale Beitrag, der die Tat fördert, so dass sich diese ohne Mitwirkung des Gehilfen anders abgespielt hätte. Im Unterschied zum Tatbeitrag des Mittäters verlangt Beihilfe jedoch nicht, dass die Realisierung der Straftat von der Hilfeleistung geradezu abhinge. Die blosse Förderung der Tat genügt. Anderseits muss die Hilfeleistung tatsächlich zur Tat beigetragen, also einen kausalen Beitrag dargestellt haben. Die Beihilfe muss demnach die Erfolgschancen des tatbestandserfüllenden Verhaltens erhöhen (Niggli/Riedo, a.a.O., N. 7 ff. Vor Art. 24 StGB).
2.2 Subsumtion
Gemäss Beweisergebnis betrat der Beschuldigte 2, wie zuvor mit dem Beschuldigten 1 vereinbart, die Wohnung des Privatklägers einige Minuten nach dem Beschuldigten 1. Dabei erblickte er, wie der Beschuldigte 1 die ungeladene Pistole SIG-Sauer P229 auf den Privatkläger richtete und nahm wahr, dass der Beschuldigte 1 den Privatkläger schlug. Trotz diesem Anblick verblieb der Beschuldigte 2 in der Wohnung, schloss die Türe hinter sich und hinderte den Privatkläger, indem er die Arme ausbreitete und ihn festhielt, daran, die Örtlichkeit zu verlassen. Ferner forderte der Beschuldigte 2 den Privatkläger mündlich zur Geldherausgabe an den Beschuldigten 1 auf. Es kam zu einem Gerangel. Bevor es dem Privatkläger schliesslich dennoch gelang, die Wohnung zu verlassen, händigte er dem Beschuldigten 1 CHF 600.00 aus. Der Beschuldigte 1 und der Beschuldigte 2 entfernten sich mit den entwendeten Vermögenswerten ebenfalls vom Tatort und fuhren gemeinsam mit dem Zug zurück. Der Beschuldigte 2 erhielt von der Beute CHF 250.00. Wie im Rahmen der Beweiswürdigung dargelegt, wusste der Beschuldigte 2 überdies, dass der Beschuldigte 1 den Privatkläger mit dem Ziel des Erlangens von Geld und Betäubungsmittel anging.
Aus dem Verhalten des Beschuldigten 2 lässt sich ferner auf dessen Willen schliessen, dem Privatkläger unter Einsatz einer Nötigungshandlung Geld abzunehmen. So entschloss er sich beim Anblick der Waffe und der Schläge sich dem Vorhaben des Beschuldigten 1, unter Anwendung von körperlicher Gewalt und Androhung von Waffengewalt Geld und Betäubungsmittel zu erhalten, anzuschliessen. Durch das Arme ausbreiten und das Festhalten des Beschuldigten trug er sodann mittels Einsatz seines Körpers dazu bei, den Privatkläger in seiner Willensbetätigung einzuschränken und brachte ihn dazu, das Geld herauszugeben. In Anbetracht der Tatsache, dass der Privatkläger währenddessen mit einer Waffe bedroht und zuvor geschlagen wurde sowie die Türe hinter dem Beschuldigten 2 geschlossen war, war die Gesamtsituation ohne Weiteres geeignet, eine verständige Person gefügig zu machen.
Der Beschuldigte 2 beteiligte sich an der Planung des Raubes (zuerst noch unter Androhung von Gewalt), wusste spätestens im Zeitpunkt, als er die Waffe sah, um die oben beschriebene Vorgehensweise und profitierte schliesslich auch noch von der Beute. Durch seine Beteiligung leistete er mithin einen nicht vernachlässigbaren Tatbeitrag, da sein Erscheinen für die Verhinderung der Flucht und die Herausgabe des Geldes durch den Privatkläger kausal war. Hätte der Beschuldigte 2 mit anderen Worten nicht die Wohnung betreten, die Türe hinter sich verschlossen und den Privatkläger am Weggehen gehindert, wäre es nicht zur Herausgabe des Bargeldes gekommen. Ohne den Beitrag des Beschuldigten 2 wäre die Tat somit «gefallen». Insofern ist der Tatbeitrag des Beschuldigten 2, auch ohne vorgängige konkrete Absprache mit dem Beschuldigten 1, als mittäterschaftlich zu qualifizieren. Der Beschuldigte 2 wirkte mit dem Beschuldigten 1 gleichberechtigt zusammen und sie gingen arbeitsteilig vor. Der Beschuldigte 1 und der Beschuldigte 2 handelten gemäss den vorstehenden Erwägungen und entgegen der Auffassung der Verteidigung in Mittäterschaft. Weiter handelte der Beschuldigte 2 direktvorsätzlich und in der Absicht, sich das Geld des Privatklägers anzueignen. Es war das eigentliche Handlungsziel, dem Privatkläger das Geld abzunehmen und sich daran unrechtmässig zu bereichern. Der Beschuldigte 2 hat sich dabei den Vorsatz des Beschuldigten 1 zur Begehung des Raubes konkludent zu eigen gemacht.
Der objektive sowie auch der subjektive Tatbestand von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB sind erfüllt.
Die Qualifikation nach Art. 140 Ziff. 2 StGB ist – wie bereits erwähnt – vorliegend nicht erfüllt, zumal gestützt auf das Beweisergebnis nicht als erstellt gelten kann, dass die Beschuldigten Munition für die Pistole dabeihatten. Insofern ist das qualifizierende Merkmal des Mitführens einer Schusswaffe vorliegend nicht gegeben.
Rechtfertigungsoder Schuldausschlussgründe sind nicht ersichtlich.
Der Beschuldigte 2 ist demnach gestützt auf Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB des Raubes in Mittäterschaft mit dem Beschuldigten 1 zum Nachteil des Privatklägers, begangen am 15. November 2020, ca. 19:30 Uhr, in K.__ (Ortschaft), F.__strasse, schuldig zu sprechen.
Da die Kammer den Hauptvorwurf der Anklageschrift als erfüllt erachtet, erübrigen sich Ausführungen zum eventualiter angeklagten Tatbestand der Nötigung (vgl. Art. 325 Abs. 2 StPO).
IV. Strafzumessung
1. Theoretische Ausführungen zur Strafzumessung
Die Vorinstanz hat die theoretischen Grundlagen für die Strafzumessung zutreffend wiedergegeben (S. 31 f. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 529 f.). Es wird vorab auf diese Ausführungen verwiesen.
Nach Art. 47 StGB misst das Gericht die Strafe nach dem Verschulden des Täters zu. Es berücksichtigt das Vorleben und die persönlichen Verhältnisse sowie die Wirkung der Strafe auf das Leben des Täters. Das Verschulden wird nach der Schwere der Verletzung Gefährdung des betroffenen Rechtsguts, nach der Verwerflichkeit des Handelns, den Beweggründen und Zielen des Täters sowie danach bestimmt, wie weit der Täter nach den inneren und äusseren Umständen in der Lage war, die Gefährdung Verletzung zu vermeiden.
Bei der Strafzumessung ist zwischen Tat- und Täterkomponente zu unterscheiden. Die Tatkomponente umfasst das Ausmass des verschuldeten Erfolges, die Art und Weise der Begehung der Tat, die Willensrichtung und die Beweggründe des Täters. Zur Täterkomponente sind die persönlichen Verhältnisse des Täters, das Vorleben und die Vorstrafen, das Verhalten nach der Tat und im Strafverfahren, die Strafempfindlichkeit sowie weitere strafmindernde und straferhöhende Aspekte zu zählen (BGE 141 IV 61 E. 6.1.1 mit Hinweisen).
2. Konkrete Strafzumessung
2.1 Strafrahmen und Strafart
Der Beschuldigte 2 hat sich vorliegend des Raubes schuldig gemacht. Der ordentliche Strafrahmen für Raub beträgt Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren (Art. 140 Ziff. 1 StGB).
2.2 Tatkomponenten
2.2.1 Objektive Tatschwere
Ausmass des verschuldeten Erfolgs bzw. Gefährdung des betroffenen Rechtsguts
Der Raub stellt ein aus einem Diebstahl und einer (qualifizierten) Nötigung zusammengesetztes Delikt dar, weshalb sich das Rechtsgut als ein doppeltes präsentiert: Zum einen (und primär) schützt Art. 140 StGB das Vermögen, zum anderen, die Handlungsfreiheit des Einzelnen und dessen persönliche Freiheit (Niggli/Riedo, a.a.O., N. 13 f. und 43 zu Art. 140 StGB). Je mehr in die Rechtsgüter eingegriffen wird und je grösser der Deliktsbetrag ist, desto schwerer wiegt die Verletzung des Rechtsguts.
Der Privatkläger war angesichts der vorausgegangenen Gewaltandrohung unter Verwendung einer Schusswaffe und unter Gewaltanwendung von Seiten des Beschuldigten 1 bereits derart verängstigt, dass er, nachdem der Beschuldigte 2 hinzugekommen war und ihm den Fluchtweg versperrte, dem Ansinnen der Täter schliesslich ohne Weiteres Folge leistete und dem Beschuldigten 1 eine Barschaft von CHF 600.00 aushändigte. Der Eingriff in die persönliche Freiheit des Opfers durch den Beschuldigten 2 ist damit noch als gering einzustufen.
Die Deliktssumme beträgt vorliegend lediglich CHF 600.00, womit diese vergleichsweise noch in einem äusserst geringen Bereich liegt. Das geschützte Rechtsgut des Vermögens wurde damit nur leicht verletzt. Allerdings ist der tiefe Deliktsbetrag nicht dem darauf gerichteten Willen der Täter geschuldet, sondern primär dem Umstand, dass der Privatkläger zum Tatzeitpunkt nicht mehr Geld bzw. Drogen in der Wohnung aufbewahrte.
Insgesamt sind die Verletzungen der geschützten Rechtsgüter noch als leicht zu beurteilen.
Art und Weise der Herbeiführung der Rechtsgutsverletzung resp. Verwerflichkeit des Handelns
Vorliegend schloss sich der Beschuldigte 2 dem Vorhaben des Beschuldigten 1, vom Privatkläger unter Androhung von Waffengewalt und Einsatz von körperlicher Gewalt Geld und Betäubungsmittel zu erbeuten, an. Als der Beschuldigte 2 zum Geschehen stiess, erblickte er die Waffe und nahm die Schläge des Beschuldigten 1 gegen den Privatkläger wahr. Dennoch hinderte er den Privatkläger im Folgenden am Verlassen der Wohnung, breitete die Arme aus und hielt den Privatkläger fest. Er verdeutlichte damit die von ihm mündlich geäusserte Aufforderung, das Geld herauszugeben. Der Privatkläger wurde aufgrund der aufgebauten Drohkulisse, des aggressiven Auftretens und der Übermacht der beiden Täter verängstigt.
Eine besondere, über den nicht qualifizierten Raubtatbestand hinausgehende Rücksichtslosigkeit lässt sich beim Beschuldigten 2 nicht feststellen, insbesondere ist ihm zugute zu halten, dass er das Opfer nicht übermässig einschüchterte, in dem er beispielsweise nicht unnötig lange vor Ort blieb das Opfer noch zusätzlich fesselte.
Die vom Beschuldigten 2 eingesetzte körperliche Gewalt war schliesslich nicht heftig aber dennoch notwendig, um den Privatkläger gefügig zu machen. Die Täter gingen zu zweit gegen einen Einzelnen vor, waren dem Privatkläger demnach sowohl personenals auch kräftemässig überlegen. Das arbeitsteilige Vorgehen hat den Eintritt des Erfolgs, namentlich die Herausgabe des Geldes, bewirkt, was sich verschuldenserhöhend auswirkt. Dabei nahm der Beschuldigte 2 aber gegenüber dem Beschuldigten 1 eine passivere Rolle ein, was zu seinen Gunsten zu berücksichtigen ist.
Die Art und Weise der Herbeiführung der Rechtsgutsverletzung ist damit noch im untersten Bereich der Verwerflichkeit zu qualifizieren. Es sind vergleichsweise weitaus gravierendere Fälle von Raub denkbar.
Zwischenfazit objektive Tatschwere
Insgesamt liegt betreffend die objektive Tatschwere ein noch leichtes Verschulden vor, wofür die Kammer eine Freiheitsstrafe von 14 Monaten veranschlagt.
2.2.2 Subjektive Tatschwere
Willensrichtung und Beweggründe des Beschuldigten
Der Beschuldigte 2 hat zur Durchsetzung seines Willens mit direktem Vorsatz gehandelt. Seine Beweggründe müssen als rein egoistisch bezeichnet werden, ging es ihm doch darum, beim Privatkläger Geld und ev. Betäubungsmittel zu erbeuten. Dies ist dem Tatbestand des Raubes jedoch immanent und wirkt sich deshalb neutral aus.
Die Kammer folgt sodann der Vorinstanz, wenn sie aufgrund des Drogenkonsums eine Strafminderung als nicht angezeigt erachtet.
Vermeidbarkeit
Der Beschuldigte 2 hat sich vorliegend eine völlig unnötige Tat zu Schulden kommen lassen. Der Raub wäre ohne Weiteres vermeidbar gewesen.
Zwischenfazit subjektive Tatschwere
In Anbetracht der oben genannten Erwägungen, wirkt sich die subjektive Tatschwere neutral aus und hat weder eine Erhöhung Minderung der Strafe zur Folge. Fakultative Strafmilderungsgründe eine verminderte Schuldfähigkeit des Beschuldigten 2 liegen überdies nicht vor.
2.2.3 Fazit Tatkomponenten / Verschulden
Insgesamt ist das Tatverschulden als noch leicht einzustufen. Unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände erachtet die Kammer eine Freiheitsstrafe von 14 Monaten als dem Tatverschulden des Beschuldigten 2 angemessen.
2.3 Täterkomponenten
2.3.1 Vorleben und persönliche Verhältnisse
Die Kammer schliesst sich den Erwägungen der Vorinstanz zum Vorleben und den persönlichen Verhältnissen des zum Urteilszeitpunkt noch gerade 38-jährigen Beschuldigten 2 an. Diese führte hierzu das Folgende aus (vgl. S. 35 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 533):
Bezüglich Täterkomponenten ist zum Vorleben von C.__ festzuhalten, dass er nach Auffassung des Gerichts keine schwerwiegende Jugend hatte, auch wenn der Vater getrunken hat und er viel Zeit bei den Grosseltern verbracht hat. Er ist in geordneten Verhältnissen aufgewachsen und hat die Schule besucht sowie eine Lehre als Dachdecker abgeschlossen.
Der Beschuldigte 2 weist zahlreiche einschlägige Vorstrafen in Deutschland auf (pag. 333 ff.). Der vorinstanzlichen Urteilsbegründung ist diesbezüglich zutreffend zu entnehmen:
Er wurde in Deutschland im Jahr 2017 zu 4 Monaten Freiheitsstrafe wegen Diebstahls in besonders schwerem Fall im Zustand erheblich verminderter Schuldfähigkeit (pag. 345) und im Jahr 2018 zu 10 Monaten Freiheitsstrafe wegen versuchten Diebstahls und Diebstahls in besonders schweren Fällen sowie Erschleichens von Leistungen (pag. 347) verurteilt. Am 11.06.2019 wurde er bedingt entlassen und es wurde ein Bewährungshelfer bestellt (pag. 347). Dennoch wurde er im November 2020 bereits wieder rückfällig.
Im Ergebnis wirken sich die persönlichen Verhältnisse des Beschuldigten 2 neutral auf die Höhe der auszufällenden Strafe aus. Die einschlägigen Vorstrafen sind hingegen nicht unwesentlich straferhöhend zu gewichten.
2.3.2 Verhalten nach der Tat und im Strafverfahren
Strafmindernd im Sinne eines entlastenden Nachtatverhaltens wirken gemäss Rechtsprechung und Lehre vor allem das Bekunden von Reue und Bedauern und eine Stabilisierung der Lebensverhältnisse. Ein Geständnis ist nur dann strafmindernd zu berücksichtigen, wenn es Ausdruck von Einsicht und Reue der beschuldigten Person ist und die Strafverfolgung erleichtert (Wiprächtiger/Keller, in: Basler Kommentar Strafrecht I, 4. Aufl. 2019, N. 175 und 177 zu Art. 47 StGB; Mathys, Leitfaden Strafzumessung, 2. Aufl. 2019, N. 334 ff.).
Vorinstanzlich wurde erwogen, der Beschuldigte 2 sei zwar nicht vollumfänglich geständig gewesen, dennoch werde ihm eine leichte Strafreduktion gewährt (S. 35 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 533). Diesen Ausführungen folgt die Kammer nicht. Der Beschuldigte bestritt den Vorwurf des Raubes von Beginn weg umfassend. Die Gewährung einer Strafminderung erscheint deshalb als nicht gerechtfertigt.
Aus dem Leumundsbericht der Kantonspolizei Zürich vom 2. März 2022 (pag. 617 ff.) und den elektronischen Migrationsakten des Departements Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau, Amt für Migration und Integration (pag. 219), geht hervor, dass der Beschuldigte 2 seit dem 2. März 2020 im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung B ist. In die Schweiz eingereist ist er am 13. Februar 2020 (pag. 219, pag. 235). In dieser Zeit sei er in unterschiedlichen Unternehmen teils temporär, teils in einer Festanstellung tätig gewesen. Die Arbeitgeber schrieben dem Beschuldigten 2 einen guten Charakter sowie grundsätzlich bzw. zumindest zu Beginn der Arbeitsverhältnisse gute Arbeitsleistungen zu. Sie berichteten jedoch auch einheitlich über psychische Probleme, Geldprobleme sowie Suchtprobleme. Letzteres, der Beschuldigte sei wiederholt unter Alkoholeinfluss zur Arbeit gekommen, habe schliesslich auch zu einer fristlosen Kündigung am 22. Oktober 2020 geführt. Weitere Kündigungen in den Jahren 2020 und 2021 erfolgten aufgrund unzuverlässigem Verhalten des Beschuldigten 2. Dieser sei oft krank gewesen und ohne bzw. mit verspäteter Abmeldung nicht zur Arbeit erschienen. Schliesslich ist dem Leumundsbericht zu entnehmen, dass verschiedentlich das Verhalten des Beschuldigten 2 Interventionen der Kantonspolizei Aargau bedingte. Unter anderem wird von wiederholten verbalen Auseinandersetzungen zwischen dem Beschuldigten 2 und seiner Partnerin aufgrund ihres Alkoholkonsums berichtet. Auch ist eine Gefährdungsmeldung vom 6. August 2021 an das Familiengericht M.__ (Ortschaft) verzeichnet. Diesbezüglich wird auf eine schwerwiegende Abhängigkeit sowohl von Alkohol als auch diversen illegalen Betäubungsmitteln des Beschuldigten 2 verwiesen. Dem oberinstanzlichen Verfahren ist der Beschuldigte 2 unentschuldigt ferngeblieben. Aus den Angaben im Leumundsbericht schliesst die Kammer, dass sich der Beschuldigte 2 wieder in Deutschland aufhält. Dies wurde sodann auch von den deutschen Behörden bestätigt (vgl. Erweiterte Meldebescheinigung der Stadt Q.__ (Ortschaft) vom 5. April 2022; pag. 714).
Einsicht und Reue sowie eine Stabilisierung der Lebensverhältnisse sind beim Beschuldigten 2 demnach nicht ersichtlich, womit eine diesbezügliche Strafminderung nicht in Betracht kommt. Das Nachtatverhalten wirkt sich auf die Strafzumessung neutral aus.
2.3.3 Strafempfindlichkeit
Aussergewöhnliche Umstände, welche auf eine erhöhte Strafempfindlichkeit des Beschuldigten 2 schliessen lassen würden, sind vorliegend nicht ersichtlich (vgl. Urteile des Bundesgerichts 6B_1079/2016 vom 21. März 2017 E. 1.4.5, 6B_249/2016 vom 19. Januar 2017 E. 1.4.4, 6B_243/2016 vom 8. September 2016 E. 3.4.2, 6B_748/2015 vom 29. Oktober 2015 E. 1.3).
2.3.4 Fazit Täterkomponenten
Nach Berücksichtigung der Täterkomponenten und insbesondere aufgrund der einschlägigen Vorstrafen des Beschuldigten 2, wäre nach Ansicht der Kammer eine Erhöhung der Tatkomponentenstrafe angezeigt gewesen. Da jedoch das Verschlechterungsverbot zu beachten ist, ist die Kammer an die von der Vorinstanz festgesetzte Freiheitsstrafe von 14 Monate als Höchstmass gebunden. Es ist folglich auch oberinstanzlich auf eine Freiheitsstrafe von 14 Monaten zu erkennen.
2.4 Vollzugsart
Das Gericht schiebt den Vollzug einer Geldstrafe einer Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren in der Regel auf, wenn eine unbedingte Strafe nicht notwendig erscheint, um den Täter von der Begehung weiterer Verbrechen Vergehen abzuhalten (Art. 42 Abs. 1 StGB). Wurde der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Tat zu einer bedingten unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten verurteilt, so ist der Aufschub nur zulässig, wenn besonders günstige Umstände vorliegen (Art. 42 Abs. 2 StGB). Das Gericht kann den Vollzug einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr und höchstens drei Jahren teilweise aufschieben, wenn dies notwendig ist, um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen (Art. 43 Abs. 1 StGB). Auch wenn Art. 43 Abs. 1 StGB nur die auslegungsbedürftige Formulierung «um dem Verschulden des Täters genügend Rechnung zu tragen» enthält, müssen die materiellen Voraussetzungen für die Gewährung des bedingten Strafvollzuges gemäss Art. 42 StGB erfüllt sein. Die Prüfung der Bewährungsaussichten des Täters ist anhand einer Gesamtwürdigung aller wesentlichen Umstände vorzunehmen. In die Beurteilung miteinzubeziehen sind neben den Tatumständen auch das Vorleben und der Leumund sowie alle weiteren Tatsachen, die gültige Schlüsse auf den Charakter des Täters und die Aussichten seiner Bewährung zulassen. Relevante Faktoren sind unter anderem die strafrechtliche Vorbelastung, die Sozialisationsbiografie und das Arbeitsverhalten, das Bestehen sozialer Bindungen sowie Hinweise auf Suchtgefährdungen (vgl. Schneider/Garré in: Basler Kommentar Strafrecht I, 4. Aufl. 2019, N. 11 ff. zu Art. 43 StGB).
Der Beschuldigte 2 weist zwar in der Schweiz keine Vorstrafen auf (pag. 390), hat aber gemäss Auskunft aus dem Zentralregister in Deutschland bereits zahlreiche Vorstrafen. Im Jahr 2017 wurde er zu 4 Monaten Freiheitsstrafe (pag. 345) und im 2018 zu 10 Monaten Freiheitsstrafe (pag. 347) verurteilt. Für einen bedingten Strafvollzug müssten damit besonders günstige Umstände vorliegen. Eine günstige Prognose kann dem Beschuldigten 2 nicht gestellt werden, zumal dies auch nicht die einzigen Vorstrafen sind (pag. 333 ff.). Die persönlichen Verhältnisse sind, auch wenn er inzwischen eine feste Freundin in der Schweiz hat, nicht als stabil zu bezeichnen. Der Beschuldigte 2 befand sich beim Vorfall erst kurze Zeit in der Schweiz. Es bestehen keine gefestigten familiären Beziehungen. Der Beschuldigte 2 hat zuletzt auch nur temporär gearbeitet (pag. 420 Z. 29 f.). Nachdem dem Beschuldigten 2 keine günstige Prognose gestellt werden kann, ist die Freiheitsstrafe von 14 Monaten unbedingt auszusprechen.
2.5 Gesamtfazit
Der Beschuldigte ist folglich zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von 14 Monaten zu verurteilen.
Die vorläufige Festnahme von 1 Tag wird im Umfang von 1 Tag auf die Freiheitsstrafe angerechnet (pag. 459).
V. Landesverweisung
1. Rechtliche Grundlagen
Das Gericht verweist einen Ausländer, der wegen Raubes nach Art. 140 StGB verurteilt wird, unabhängig von der Höhe der Strafe für 5 bis 15 Jahre aus der Schweiz (Art. 66a Abs. 1 Bst. c StGB). Die Landesverweisung greift nicht nur bei einer Verurteilung als Allein- und Haupttäter, sondern bei sämtlichen Täterschafts- und Teilnahmeformen. Sie muss unabhängig davon ausgesprochen werden, ob es beim Versuch geblieben ist und ob die Strafe bedingt, unbedingt teilbedingt ausfällt (BGE 144 IV 168 E. 1.4.1).
1.1 Härtefallklausel
Das Gericht kann «ausnahmsweise» von einer Landesverweisung absehen, wenn (erste kumulative Bedingung) diese für den Ausländer einen schweren persönlichen Härtefall bewirken würde und (zweite kumulative Bedingung) die öffentlichen Interessen an der Landesverweisung gegenüber den privaten Interessen des Ausländers am Verbleib in der Schweiz nicht überwiegen. Dabei ist der besonderen Situation von Ausländern Rechnung zu tragen, die in der Schweiz geboren aufgewachsen sind (Art. 66a Abs. 2 StGB; sog. Härtefallklausel). Die Härtefallklausel dient der Umsetzung des Verhältnismässigkeitsprinzips (vgl. Art. 5 Abs. 2 der Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft [BV; SR 101]; BGE 146 IV 105 E. 3.4.2; 144 IV 332 E. 3.1.2; je mit Hinweisen). Sie ist restriktiv anzuwenden (BGE 146 IV 105 E. 3.4.2; 144 IV 332 E. 3.3.1). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts lässt sich zur kriteriengeleiteten Prüfung des Härtefalls im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB der Kriterienkatalog der Bestimmung über den «schwerwiegenden persönlichen Härtefall» in Art. 31 Abs. 1 der Verordnung vom 24. Oktober 2007 über Zulassung, Aufenthalt und Erwerbstätigkeit (VZAE; SR 142.201) heranziehen (BGE 146 IV 105 E. 3.4.2; 144 IV 332 E. 3.3.2). Zu berücksichtigen sind namentlich der Grad der (persönlichen und wirtschaftlichen) Integration, einschliesslich familiärer Bindungen des Ausländers in der Schweiz bzw. in der Heimat, Aufenthaltsdauer und Resozialisierungschancen. Die Kriterien nach Art. 31 VZAE können jedoch nicht unbesehen übernommen werden. Unter dem strafrechtlichen Aspekt der Härtefallprüfung ist der Rückfallgefahr und wiederholter Delinquenz Rechnung zu tragen (Urteil des Bundesgerichts 6B_75/2020 vom 19. Januar 2021 E. 2.2.; 6B_627/2018 vom 22. März 2018 E. 1.3.5). Das Gericht darf auch vor dem Inkrafttreten von Art. 66a StGB begangene Straftaten berücksichtigen (BGE 146 IV 105 E. 3.4.1; 144 IV 332 E. 3.3.2).
Die Sachfrage entscheidet sich mithin in einer Interessenabwägung nach Massgabe der «öffentlichen Interessen an der Landesverweisung». Nach der gesetzlichen Systematik ist die obligatorische Landesverweisung anzuordnen, wenn die Katalogtaten einen derartigen Schweregrad erreichen, dass die Landesverweisung zur Wahrung der inneren Sicherheit notwendig erscheint. Diese Beurteilung lässt sich strafrechtlich nur in der Weise vornehmen, dass massgebend auf die verschuldensmässige Natur und Schwere der Tatbegehung, die sich darin manifestierende Gefährlichkeit des Täters für die öffentliche Sicherheit und auf die Legalprognose abgestellt wird (Urteil des Bundesgerichts 6B_1194/2020 vom 8. Februar 2021 E. 1.1; 6B_560/2020 vom 17. August 2020 E. 1.1.1 mit Hinweisen).
Von einem schweren persönlichen Härtefall im Sinne von Art. 66a Abs. 2 StGB ist in der Regel auch bei einem Eingriff von einer gewissen Tragweite in den Anspruch des Ausländers auf das in Art. 13 BV und Art. 8 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 (EMRK; SR 0.101) verankerte Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens auszugehen (Urteil des Bundesgerichts 6B_396/2020 vom 11. August 2020 E. 2.4.3 mit Hinweisen). Zum durch Art. 8 EMRK geschützten Familienkreis gehört in erster Linie die Kernfamilie, d.h. die Gemeinschaft der Ehegatten mit ihren minderjährigen Kindern. Andere familiäre Verhältnisse fallen in den Schutzbereich von Art. 8 EMRK, sofern eine genügend nahe, echte und tatsächlich gelebte Beziehung besteht. Der Anspruch auf Achtung des Familienlebens gilt nicht absolut. Liegt eine aufenthaltsbeendende -verweigernde Massnahme im Schutz- und Anwendungsbereich von Art. 8 EMRK, erweist sie sich als zulässig, wenn sie gesetzlich vorgesehen ist, einem legitimen Zweck im Sinne von Art. 8 Ziff. 2 EMRK entspricht (Schutz der nationalen öffentlichen Sicherheit, Aufrechterhaltung der Ordnung, Verhütung von Straftaten etc.) und verhältnismässig ist.
Bei der Prüfung der Eingriffsvoraussetzungen nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK sind folgende Elemente zu beachten (zum Ganzen Urteil des Bundesgerichts 6B_48/2019 vom 9. August 2019 E. 2.5): (1) die Art und Schwere der begangenen Straftat und ob sie als Jugendlicher Erwachsener verübt wurde; (2) die Aufenthaltsdauer des betroffenen im Land; (3) die seit der Tatbegehung vergangene Zeit und das Verhalten des Ausländers während dieser; (4) die Nationalitäten der betroffenen Personen; (5) die familiäre Situation, insb. Dauer der Ehe und andere Umstände, die ein tatsächliches Familienleben bezeugen; (6) Kenntnis des Ehepartners anderer Betroffener von der Straftat; (7) das Alter etwaiger Kinder; (8) die Schwere der vom Ehepartner im Zielland anzutreffenden Schwierigkeit; (9) das Wohl der Kinder, insbesondere die Schwere der von den Kindern im Zielland anzutreffenden Schwierigkeiten; (10) die sozialen, kulturellen und familiären Bindungen zum Aufnahmestaat und zum Herkunftsland; (11) der Gesundheitszustand sowie (12) die mit der aufenthaltsbeendenden Massnahme verbundene Dauer der Fernhaltung. Keines dieser Elemente ist für sich allein ausschlaggebend; erforderlich ist eine Würdigung der gesamten Umstände im Einzelfall. Das Recht auf Schutz des Familien- und Privatlebens nach Art. 8 Ziff. 1 EMRK gilt – in seiner verfahrensrechtlichen Tragweite – als verletzt, wenn keine umfassende, faire Interessenabwägung vorgenommen wird. Art. 66a StGB ist EMRK-konform auszulegen. Die Interessenabwägung im Rahmen der Härtefallklausel von Art. 66a Abs. 2 StGB hat sich daher an der Verhältnismässigkeitsprüfung nach Art. 8 Ziff. 2 EMRK zu orientieren (Urteil des Bundesgerichts 6B_1070/2018 vom 14. August 2019 E. 6.3).
1.2 Freizügigkeitsabkommen (FZA)
Der Anordnung einer Landesverweisung kann sodann das Abkommen zwischen der Schweizerischen Eidgenossenschaft einerseits und der Europäischen Union und deren Mitgliedstaaten andererseits über die Freizügigkeit vom 21. Juni 1999 (FZA; SR 0.142.112.681) entgegenstehen (BGE 145 IV 364 E. 3.9). Das FZA gewährt Staatsbürgerinnen und Staatsbürgern der Europäischen Union unter gewissen Voraussetzungen Anspruch auf Aufenthalt in der Schweiz (Art. 1 Bst. a FZA). Dieser Anspruch darf grundsätzlich nur unter den Voraussetzungen von Art. 5 Ziff. 1 Anhang I FZA entzogen werden, namentlich wenn die Landesverweisung aus Gründen der öffentlichen Ordnung, Sicherheit Gesundheit gerechtfertigt ist (vgl. Oberholzer Niklaus, Landesverweisung – aktueller Stand der bundesgerichtlichen Rechtsprechung, Zeitschrift des bernischen Juristenvereins [ZBJV] 156/2020 227, S. 245). Der Aufenthaltsanspruch gemäss FZA besteht aber nur, wenn sich die ausländische Person in der Schweiz rechtskonform verhält. Personen, welche diese Voraussetzung nicht erfüllen, kommt der Aufenthaltsanspruch gemäss FZA gar nicht erst zu. Die Prüfung der Voraussetzungen nach Art. 5 Ziff. 1 Anhang I FZA erübrigt sich in diesen Fällen. Wie das Bundesgericht es zum Ausdruck brachte: «Mit dem FZA vereinbarte die Schweiz – pointiert formuliert – keine Freizügigkeit für kriminelle Ausländer» (BGE 145 IV 55 E. 3.3).
2. Landesverweisung betreffend den Beschuldigten 1
2.1 Erwägungen der Vorinstanz
Die Vorinstanz ging nach einlässlicher Wiedergabe der theoretischen Grundlagen methodisch korrekt vor und prüfte zunächst das Vorliegen eines unechten Härtefalls. Sie stellte zusammengefasst fest, dass der Beschuldigte 1 in der Schweiz geboren und aufgewachsen sei. Er habe zuletzt über eine Kurzaufenthaltsbewilligung L mit dem effektiven Aufenthaltszweck der Stellensuche verfügt und ihm sei in Aussicht gestellt worden, dass eine aktuelle Bewilligung zur Stellensuche von Gesetzes wegen nicht mehr verlängert werden könne. Er könne sich in Italienisch verständigen, sei ledig und habe keine Kinder. Von einer beruflichen und finanziellen Integration in der Schweiz könne keine Rede sein. Er habe trotz Androhung der Ausweisung am 17. Dezember 1999 infolge mehrerer Straftaten wiederholt, erheblich und unbeeindruckt von strafrechtlichen Sanktionen und Massnahmen die Rechtsordnung missachtet. Mit Verfügung vom 15. März 2018 des Departements Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau, Amt für Migration und Integration, sei der Beschuldigte 1 sodann erneut unter Androhung des Widerrufs seiner Niederlassungsbewilligung und der Wegweisung aus der Schweiz verwarnt und darauf aufmerksam gemacht worden, sich inskünftig in jeder Hinsicht wohl zu verhalten. Es seien keine Gründe ersichtlich, weshalb die Resozialisierung in Italien deutlich schlechter sei als in der Schweiz. Gestützt darauf verneinte die Vorinstanz einen Härtefall (S. 40 ff. der vorinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 538 ff.). Auch die vorinstanzliche Interessenabwägung in Anwendung des FZA fiel zu Ungunsten des Beschuldigten 1 aus. Der Beschuldigte 1 habe einen Raub unter Mitführen einer ungeladenen Waffe begangen. Es handle sich um ein schwerwiegendes Delikt. Zudem sei dem Privatkläger nicht nur Gewalt angedroht, sondern auch Gewalt gegen ihn ausgeübt worden. Der Beschuldigte 1 habe, nachdem er dem Privatkläger die Pistole an den Kopf gehalten habe, diesen daraufhin mit der Pistole gegen den Kopf/Nacken geschlagen. Es bestehe weiterhin die Gefahr, dass der Beschuldigte 1 auch zukünftig die öffentliche Ordnung und Sicherheit in der Schweiz gefährden würde, weshalb die Massnahme der Landesverweisung auch zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit verhältnismässig sei. Damit stehe auch das Freizügigkeitsabkommen einer Landesverweisung nicht entgegen. Die Vorinstanz sprach gegen den Beschuldigten 1 sodann eine Landesverweisung mit der Minimaldauer von 5 Jahren aus (S. 40 ff. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 538 ff.).
2.2 Oberinstanzliche Vorbringen der Parteien
2.2.1 Vorbringen seitens des Beschuldigten 1
Die Vorinstanz hat die Äusserungen des Beschuldigten 1 bis zum erstinstanzlichen Urteil zutreffend wie folgt wiedergegeben (S. 39 f. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 537 f.):
Auf Vorhalt der zu prüfenden Landesverweisung gab A.__ bei seiner Befragung am 09.12.2020 an, das sei das Beste, was ihm passieren könne. Es sei sicher besser, als hier in der Schweiz zu bleiben (pag. 95 Z. 268 f.). Er habe heute (also am 09.12.2020) nach seinem Arzttermin zur Comunita San Patriano, eine der grössten Drogenentzugskliniken Italiens, fahren wollen und die nächsten 3-4 Jahre dort bleiben wollen, damit er wieder zu sich komme, und damit er von den Drogen wegkomme (pag. 95 Z. 274 ff.). Anlässlich der Hauptverhandlung am 08.04.2021 hat der A.__ zur Landesverweisung ausgeführt, dass es schade wäre. Er habe seine Wurzeln hier in der Schweiz. Er spreche nur schlecht italienisch. Er habe seine Familie in der Schweiz. Er würde in Italien vor dem Nichts stehen. Er wüsste nicht wohin und was machen. Sich um einen Job dort zu bewerben, sei wohl nicht anders als hier. Aber er würde entwurzelt werden (pag. 412 Z. 45 ff.). Seine Aussagen bei der Anhaltung seien ein Kurzschlussentscheid gewesen. Er sei ziemlich «fest abgestürzt» im Oktober/November. Er habe einen schweren Rückfall gehabt. […] Sie hätten zusammen mit der Familie überlegt, was man machen könnte. Viele Möglichkeiten habe er nicht gehabt. Finanziell sei er schlecht aufgestellt gewesen und es habe so nicht weitergehen können. Im Internet hätten sie das San Patriano, ein grosses Institut, gesehen und überlegt, ob es das Beste wäre, wenn er dorthin gehen würde. In der Schweiz habe er keine Anlaufstelle gewusst. Sie hätten auch eine andere Lösung gehabt und es wäre soweit gewesen, dass er in S.__ (Ortschaft) im Aargau, wo er vor Jahren schon mal gewesen sei, eine Entzugstherapie hätte machen können. Aber sie hätten wenig Möglichkeiten gehabt. Aber was wolle er dort unten. Das sei ja «hirnrissig». Danach hätten sie die Idee mit S.__ (Ortschaft) gehabt, aber er sei ja dann verhaftet worden (pag. 413 Z. 4 ff.).
Im Rahmen seiner Einvernahme anlässlich der oberinstanzlichen Hauptverhandlung vom 30. März 2022 hielt der Beschuldigte 1 an seinen letzten Ausführungen fest. Er gab zusammengefasst an, der Hauptgrund, weshalb er Berufung gegen die Anordnung der Landesverweisung durch die Vorinstanz erhoben habe, sei, dass er sich in der Schweiz zu Hause fühle. Italien sei ein fremdes Land für ihn. Er sehe bessere Zukunftsaussichten in der Schweiz. Die Familie, namentlich seine Schwester, deren Mann, seine Neffen und seine Mutter, sei in der Schweiz. Auf den Besuch könne er verzichten. Seitdem er im Thorberg sei, habe er aber regelmässig, meistens einmal in der Woche, telefonischen Kontakt mit der Familie. Der soziale Kontakt habe sich verbessert (pag. 653 f. Z. 39 ff.). Nach der Entlassung habe er ziemlich konkrete Pläne. Er wolle einen Wohnsitz und eine Arbeitsstelle sowie eine ambulante Betreuung organisieren. Vor allem wolle er von seinem alten Umfeld fernbleiben, weshalb er ausserhalb von M.__ (Ortschaft) wohnen wolle, natürlich drogenfrei (pag. 654 Z. 27 ff.). Danach gefragt, wie er seine Zukunft sehe, wenn er die Schweiz verlassen müsste, gab der Beschuldigte 1 im Wesentlichen zu Protokoll, es würde ihm nichts anderes übrig bleiben, als seine Pensionskasse ausbezahlen zu lassen. Er würde wahrscheinlich schon nach Italien gehen. Er habe keine Schule in Italien gemacht, er wisse nicht einmal, wie er sich schriftlich auf einen Job bewerbe. Er könne nicht einmal richtig Italienisch schreiben. Es werde viel schwieriger in Italien, weil er nicht wüsste wohin, aber er werde das schlussendlich packen (pag. 659 Z. 13 ff.). Auf Frage nach seiner in Italien lebenden Schwester gab der Beschuldigte 1 weiter an, die T.__, sei seine Schwester. Sie hätten sich nach dem Tod seines Vaters im Jahr 1997 verstritten und seither habe er kein einziges Mal mehr mit ihr gesprochen. Es sei der letzte Ort, wo er hingehen würde. Dann gehe er lieber nach Genua an den Hafen. Als Maschinenschlosser und suche sich dort einen Job (pag. 659 Z. 32 ff.). Seine Schwester würde ihn auch nicht empfangen (pag. 661 Z. 25 ff.). Der Verteidiger stellte ihm schliesslich die Frage, wann, wie oft und warum er in den letzten 25 Jahren in Italien gewesen sei. Die Antwort des Beschuldigten 1 lautete, er sei mit 21 Jahren an der Beerdigung seines Vaters in Italien gewesen. Danach jahrzehntelang nicht mehr. 2014/2015 sei er für zwei Wochen für Ferien in die Toskana gereist. Einmal sei er noch an das Grab seines Vaters gegangen (pag. 661 Z. 9 ff.).
Wie bereits im vorinstanzlichen Verfahren, machte der Verteidiger des Beschuldigten 1 in der oberinstanzlichen Hauptverhandlung zusammengefasst geltend, es sei vorliegend von einem Anwendungsfall von Art. 66a Abs. 2 Satz 2 StGB auszugehen. Der Umstand, dass der Beschuldigte 1 hier geboren und immer hier gelebt habe, sollte nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung (Urteil des Bundesgerichts 6B_690/2019 vom 4. Dezember 2019 E. 3.4.4) bereits für die Bejahung eines persönlichen Härtefalls ausreichen. Hierfür bestünden noch weitere Indizien, der Beschuldigte 1 spreche lediglich auf einem bescheidenen Niveau Italienisch, schriftlich könne er sich nicht ausdrücken. In den letzten 25 Jahren sei der Beschuldigte 1 lediglich zwei Mal in Italien gewesen. Neben der Schwester, zu der der Beschuldigte 1 keinen Kontakt habe, habe er keine weiteren Verwandte Freunde in Italien. Seine kriminelle Vergangenheit sei auf seine Drogenabhängigkeit zurückzuführen. Trotz derzeitigem kalten Entzug, bestehe eine Rückfallgefahr. Diese sei im Falle, dass der Beschuldigte nach Italien gehen müsse, wesentlich höher einzuschätzen. Dort fehle ihm der Rückhalt der Familie. Der Beschuldigte 1 habe in der Schweiz immer wieder Arbeit gefunden. Dass der Beschuldigte 1 in der Schweiz geboren und aufgewachsen sei, verstärke weiter dessen privates Interesse an einem Verbleib in der Schweiz im Zusammenhang mit der Interessenabwägung zwischen privaten und öffentlichen Interessen. Die öffentlichen Interessen würden durch den Umstand relativiert, dass der Beschuldigte 1 lediglich über eine Bewilligung L, welche wahrscheinlich nicht verlängert werde, verfüge. Ohne Job verliere der Beschuldigte 1 sein Aufenthaltsrecht ohnehin. Trotz der Verurteilung wegen Raubes und damit wegen einem schwerwiegenden Delikt, habe objektiv nie eine Gefahr für das Opfer bestanden. Die Waffe sei nicht geladen gewesen. Die Vorstrafen des Beschuldigten 1 stünden zudem mehrheitlich im Zusammenhang mit seiner Drogenabhängigkeit. Die persönlichen Interessen seien wesentlich schwerwiegender. Die Anwendung von Art. 5 Abs. 1 Anhang I FZA spreche gegen eine Landesverweisung. Aufgrund des Willens des Beschuldigten, eine Änderung herbeizuführen, sei, vorausgesetzt der Beschuldigte 1 könne in der Schweiz bleiben, nicht von einer grossen Rückfallgefahr auszugehen. Bei der Verhältnismässigkeitsprüfung seien die privaten Interessen verstärkt zu berücksichtigen. Nach der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sei dem Umstand, dass der Beschuldigte 1 in der Schweiz geboren und aufgewachsen sei, besondere Berücksichtigung zu schenken (vgl. pag. 435 f., pag. 673 ff.).
2.2.2 Vorbringen der Generalstaatsanwaltschaft
Oberinstanzlich wurde seitens der Generalstaatsanwaltschaft unter Bezugnahme auf den Bundesgerichtsentscheid BGE 144 IV 332 zusammengefasst vorgebracht, nach Berücksichtigung der Kriterien nach Art. 31 Abs. 1 VZAE, stelle eine Landesverweisung für den Beschuldigten 1 keinen schweren persönlichen Härtefall dar. Entgegen der Verteidigung bedeute die Feststellung des Bundesgerichts im Urteil 6B_690/2019, der Umstand, dass ein Ausländer in der Schweiz geboren und aufgewachsen sei, sei ein starkes Indiz für das Vorliegen von genügend starken privaten Interessen am Verbleib in der Schweiz, weder, dass in jedem dieser Fälle von einem Härtefall auszugehen sei noch, dass wegen überwiegender öffentlicher Interesse eine Landesverweisung nicht dennoch angeordnet werden könne. Hingegen sei die bundesgerichtliche Praxis bei der Anordnung einer Landesverweisung für erwachsene Personen, die mindestens eine Vorstrafe aufwiesen und insbesondere bei Delikten im Zusammenhang mit Drogen und Gewalt, streng. Der Beschuldigte 1 sei in der Vergangenheit immer wieder straffällig geworden und habe die Rechtsordnung nicht respektiert, weshalb die öffentlichen Interessen als überwiegend zu beurteilen seien. Die von der Vorinstanz angeordnete Landesverweisung für die Dauer von 5 Jahren gegenüber dem Beschuldigten 1 sei zu bestätigen (pag. 686 f.).
2.3 Erwägungen der Kammer
2.3.1 Obligatorischer Landesverweis
Der Beschuldigte 1 ist italienischer Staatsangehöriger. Er ist somit Ausländer i.S.v. Art. 66a Abs. 1 StGB. Er wurde von der Vorinstanz rechtskräftig wegen Raubes gemäss Art. 140 StGB verurteilt. Dabei handelt es sich um ein Katalogdelikt (Art. 66a Abs. 1 Bst. c StGB), was im Regelfall die obligatorische Landesverweisung für eine Dauer von 5 bis 15 Jahren nach sich zieht (Art. 66a Abs. 2 StGB e contrario).
2.3.2 Härtefallprüfung
Der im Urteilszeitpunkt 45-jährige Beschuldigte 1 wurde am 8. Juni 1976 in der Schweiz geboren und ist hier aufgewachsen (pag. 88, pag. 104 Z. 195., pag. 217). Angesichts dieser Biografie liegt eine Situation i.S.v. Art. 66a Abs. 2 Satz 2 StGB vor und das ausnahmsweise Absehen von einer Landesverweisung wäre grundsätzlich möglich.
Wie sich aber aus den nachfolgenden Erwägungen ergibt, sprechen dennoch wesentliche Aspekte gegen die Annahme eines Härtefalls. So ist das Vorliegen eines solchen nach den gewöhnlichen aus Art. 31 VZAE abgeleiteten Kriterien zur Beurteilung eines Härtefalls aus den nachfolgenden Gründen zu verneinen:
Der Vater des Beschuldigten 1 ist verstorben und seine Mutter, die in der Schweiz lebt, ist psychisch angeschlagen. Er hat zwei Schwestern. U.__, bei welcher er sich anlässlich seiner Anhaltung aufhielt, lebt mit ihrer Familie in der Schweiz. T.__, zu welcher der Beschuldigte 1 keinen Kontakt pflegt, lebt in Italien. Überdies hat er eigenen Angaben zufolge Verwandte seiner Mutter in Italien. Zu diesen habe er aber seit der Kindheit keinen Kontakt mehr (pag. 412 Z. 1 ff.). Weitere familiäre Bindungen sind nicht bekannt (pag. 659 Z. 32 ff., pag. 661 Z. 25 ff.). Die familiären Verhältnisse scheinen damit auf den ersten Blick zwar für eine stärkere Verflechtung in der Schweiz zu sprechen. Aus den Aussagen des Beschuldigten 1 geht allerdings hervor, dass selbst zu seinen in der Schweiz lebenden Familienmitgliedern keine intensive Bindung besteht (pag. 653 f. Z. 39 ff.). Besuch empfing er im Gefängnis keinen, darauf könne er verzichten (pag. 654 Z. 12 f.). An dieser Einschätzung ändert auch sein Vorbringen, der Kontakt zur Familie habe sich während der Haftstrafe verbessert, nichts. Zumal er angab, der Kontakt sei lediglich telefonisch und finde zumeist einmal wöchentlich statt (pag. 653 f. Z. 39 ff.). Der Beschuldigte 1 ist sodann ledig und hat keine Kinder (pag. 89, pag. 217). Insofern kann ihm vor dem Hintergrund der familiären Verhältnisse nicht zugutegehalten werden, die Familie sei für ihn ein wichtiger Bestandteil im Leben. Es ist ihm ohne weiteres zumutbar, die bisher nicht intensiv gelebte Beziehung mit seiner Mutter und der Schwester auch von Italien aus in einem ähnlichen Mass zu pflegen.
Als Muttersprache gibt er Deutsch an; er spricht Schweizerdeutsch. Auch auf Italienisch kann er sich jedoch mündlich verständigen (u.a. pag. 88, pag. 412 Z. 10 f., Z. 46 f.). Der Beschuldigte 1 wird sich demnach in seinem Heimatland verständigen und zurechtfinden können, womit auch diesbezüglich eine Verweisung zumutbar erscheint.
Zum Anhaltezeitpunkt hatte der Beschuldigte 1 kein festes Domizil und wohnte eigenen Angaben zufolge auf der Strasse. Vor der Anhaltung ist er zudem keiner geregelten Erwerbstätigkeit nachgegangen. Zuletzt ist er zu 100% in temporärer Anstellung arbeitstätig gewesen. Diese Anstellung habe infolge eines Unfalles am 27. Oktober 2020 geendet (pag. 88 f.). Letztmals habe er vor ca. 2.5-3 Jahren in fester Anstellung gearbeitet (pag. 105 Z. 212). Zuletzt verfügte der Beschuldigte 1 über eine Kurzaufenthaltsbewilligung L (Aufenthaltszweck «auf Stellensuche»). Ihm wurde in Aussicht gestellt, dass seine aktuelle Bewilligung zur Stellensuche von Gesetzes wegen nicht mehr verlängert werden könne und damit zu rechnen sei, dass er die Erwerbstätigkeit per Bewilligungsablauf einstellen und die Schweiz verlassen müsse (vgl. Bewilligungskopie und Schreiben des Departements Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau, Amt für Migration und Integration, vom 7. Juli 2020 in den elektronischen Migrationsakten; pag. 219). Aus den elektronischen Migrationsakten (pag. 219) ist weiter erkennbar, dass der Beschuldigten 1 seit einer Abmeldung per 31. Dezember 2018 nicht mehr über eine Niederlassungsbewilligung verfügt. Zuvor wurde der Beschuldigte 1 von der Gemeinde I.__ (Ortschaft) mit Sozialhilfe in der Höhe von CHF 8'597.40 unterstützt (vgl. Protokollauszug der 8. Sitzung vom 25. Februar 2019 des Gemeinderats I.__ (Ortschaft); pag. 219). Zudem ist der Beschuldigte 1 hoch verschuldet (pag. 89). Demzufolge ist der Beschuldigte 1 in der Schweiz wirtschaftlich nicht integriert und es wird ihm aufgrund des Bewilligungsentzugs auch in Zukunft nicht mehr möglich sein, in der Schweiz eine Arbeitsstelle anzutreten.
Den Akten des Migrationsdienstes kann weiter entnommen werden, dass das Amt für Migration und Integration des Kantons Aargau den Beschuldigten 1 mit Verfügung vom 15. März 2018 unter Hinweis auf den Widerruf seiner Niederlassungsbewilligung verwarnt und ihn darauf aufmerksam gemacht hat, dass er sich inskünftig in jeder Hinsicht wohl zu verhalten habe (pag. 219). Hinweise, dass diese Warnung etwas genützt hätte und er den Willen zu einem geregelten Leben in der Schweiz hat, fehlen vollständig. Hingegen ist der strafrechtliche Leumund des Beschuldigten 1 arg getrübt. Er ist mehrfach, teilweise einschlägig, vorbestraft wegen Verbrechen und Vergehen, welche sich von seiner Jugend bis ins Erwachsenenalter ziehen (pag. 388 f.). Aus den elektronischen Migrationsakten (pag. 219) sind weitere, nicht mehr im Strafregister eingetragene, Verurteilungen ersichtlich (vgl. hierzu auch die zutreffenden Ausführungen der Vorinstanz auf S. 40 f. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 538 f.).
Weiter gibt der Beschuldigte 1 an, keine Hobbies zu haben (pag. 89). Wie er seinen Alltag erlebte, was er neben der Beschaffung der Drogen sonst noch tat, ist der Kammer nicht bekannt. Das soziale Umfeld des Beschuldigten 1 ist in der Schweiz lediglich in einem minimalen Rahmen vorhanden. Sein Bekanntenkreis bestand vorwiegen aus Personen aus der Drogenszene. Sein Umfeld konnte ihn in der Vergangenheit weder davon abhalten, wiederholt gegen die Rechtsordnung zu verstossen, noch genügend Stütze bieten, dass er sich im privaten – insbesondere bezüglich seiner Sucht – und beruflichen Leben einfinden konnte. Insofern ist festzustellen, dass dem Beschuldigten 1 auch in sozialer Hinsicht die Integration in der Schweiz nicht gelungen ist. Einen entsprechenden Bekanntenkreis wird sich der Beschuldigte 1 auch in Italien aufbauen können. Ein möglicher Rückfall in die Drogensucht ist in der Schweiz in gleichem Masse möglich wie in Italien.
Beim Beschuldigten 1 liegt eine bekannte Drogensuchtproblematik vor. Abgesehen davon, dass er gesundheitlich etwas angeschlagen sei, gibt er an, aktuell gesund zu sein (pag. 655 Z. 18). Anlässlich der oberinstanzlichen Hauptverhandlung vom 30. März 2022 gab er weiter zu Protokoll, daraufhin zu arbeiten, bei Austritt nicht mehr von Medikamenten abhängig zu sein. Derzeit nehme er nur noch Herz- und Schlaftabletten (pag. 655 Z. 31 ff., pag. 660 Z. 28). Zur Suchtproblematik äusserte er sich dahingehend, seit 16 Monaten nicht mehr substituiert zu sein (pag. 655 Z. 43 f., pag. 656 Z. 1 f., pag. 660 Z. 28 f.). Gegensätzliches geht auch aus dem Vollzugsbericht der Justizvollzugsanstalt Thorberg vom 22. März 2022 nicht hervor (pag. 638 ff.). Der Beschuldigte 1 ist demnach nicht zwingend auf die medizinische Versorgung in der Schweiz angewiesen. Der gesundheitliche Aspekt steht folglich einer Landesverweisung ebenfalls nicht entgegen.
Der Vorinstanz ist auch hinsichtlich der Beurteilung der Wiedereingliederungsaussichten des Beschuldigten 1 in Italien zu folgen (S. 40 f. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 538 f.). Die Kammer erachtet die Eingliederungschancen in Italien als intakt. Nach eigenen Angaben hat der Beschuldigte 1 eine Lehre als Zahntechniker abgebrochen und später eine Lehre als Automechaniker abgeschlossen (pag. 88, pag. 215). Er verfügt damit über eine solide Grundausbildung. Dem Beschuldigten kann zugemutet werden, dass er nach seiner Entlassung aus der Haft in seinem Heimatland Italien Fuss fassen und in seinem Berufsfeld als Automechaniker eine Anstellung finden wird. Insbesondere ist er mit der italienischen Sprache vertraut. Zudem gab er selber an, sich eine Arbeitsstelle im Hafen von Genua als Maschinenschlosser suchen zu wollen (pag. 659 Z. 32 ff.) und hat sich demnach bereits mit dem Verlassen der Schweiz und seinen möglichen Zukunftsperspektiven auseinandergesetzt.
Insgesamt stellt die Landesverweisung für den Beschuldigten 1 – auch wenn er hier geboren und aufgewachsen ist – unter den gegebenen Umständen keine übermässige Härte dar.
2.4 Vereinbarkeit der Landesverweisung mit dem Freizügigkeitsabkommen (FZA)
Aus dem FZA kann der Beschuldigte 1 ebenfalls nichts für sich ableiten. Art. 5 Ziff. 1 Anhang I des FZA bildet keinen Grund, vorliegend von einer Landesverweisung abzusehen. Bei Raub handelt es sich um ein Verbrechen und demnach um eine schwere Straftat. Von der Vorinstanz wurde dem Beschuldigten 1 zudem ein «keineswegs mehr leichtes» Tatverschulden attestiert (S. 33 der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 531). Aufgrund des von Verurteilungen geprägten Vorlebens des Beschuldigten 1 und der persönlichen Verhältnisse besteht die Gefahr, dass er auch weiterhin die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz gefährden würde. Der durch die Haft durchlebte Drogenentzug ändert daran nichts, da die latent vorhandene Drogensucht auch weiterhin vorliegt. Das Interesse der Schweiz ist daher um ein Vielfaches höher zu bewerten, als die privaten Interessen des Beschuldigten 1 in der Schweiz zu verbleiben.
2.5 Recht auf Achtung des Familienlebens (Art. 13 Abs. 1 BV und Art. 8 Ziff. 1 EMRK)
Wie angeführt, unterhält der Beschuldigte 1 keine intensive Beziehung zu einer Person bzw. einem Familienmitglied mit Berechtigung, sich in der Schweiz aufzuhalten. Die vorliegende Konstellation genügt demnach den Anforderungen an die Intensität der familiären Gemeinschaft nicht, damit diese in den Schutzbereich von Art. 13 Abs. 1 BV und Art. 8 Ziff. 2 EMRK fallen könnte. Dies wird sodann auch von Seiten des Beschuldigten 1 nicht geltend gemacht.
2.6 Fazit und Dauer der Landesverweisung
Zusammenfassend ist eine Landesverweisung auszusprechen. Die Dauer der Landesverweisung könnte in Anbetracht des vorinstanzlich festgestellten «keineswegs mehr leichten» Tatverschuldens über dem Minimum von fünf Jahren liegen. Aufgrund des Verschlechterungsverbots ist die Kammer jedoch an die vorinstanzlich ausgesprochene Dauer von fünf Jahren gebunden.
Der Beschuldigte 1 ist demzufolge für die Dauer von 5 Jahren des Landes zu verweisen (Art. 66a Abs. 1 Bst. c StGB).
3. Landesverweisung betreffend den Beschuldigten 2
3.1 Erwägungen der Vorinstanz
Die Vorinstanz erwog bezüglich dem Beschuldigten 2 zusammengefasst, dieser sei weder in der Schweiz geboren noch weise er einen speziellen Bezug zur Schweiz auf. Auch wenn der Beschuldigte 2 unterdessen in der Schweiz eine Freundin habe und gewisse soziale Beziehungen pflege, liege klarerweise kein Härtefall vor. Der Beschuldigte 2 könne jederzeit zurück nach Deutschland gehen. Die dortigen Wiedereingliederungschancen würden als gut beurteilt werden.
Auch das FZA stehe einer Landesverweisung nicht entgegen. Der Beschuldigte 2 habe zahlreiche Vorstrafen in Deutschland und das vorliegend zu beurteilende Delikt stelle nicht ein Bagatelldelikt, sondern ein Gewaltdelikt dar. Das öffentliche Interesse überwiege die privaten Interessen bei Weitem. Aufgrund seiner deliktischen Vergangenheit bestehe eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der Beschuldigte 2 die öffentliche Sicherheit und Ordnung erneut stören würde. Im Ergebnis verwies die Vorinstanz auch den Beschuldigten 2 für 5 Jahre des Landes (S. 42 f. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 540 f.).
3.2 Oberinstanzliche Vorbringen der Parteien
3.2.1 Vorbringen seitens des Beschuldigten 2
Die Verteidigung des Beschuldigten 2 beantragte erstsowie auch zweitinstanzlich einen Schuldspruch wegen Nötigung und hielt entsprechend fest, dass bei dieser Ausgangslage mangels einer Katalogtat eine obligatorische Landesverweisung ausgeschlossen sei. Bezüglich einer fakultativen Landesverweisung sei insbesondere darauf hinzuweisen, dass sich der Beschuldigte 2 als EU-Bürger auf das FZA berufen könne. Das Vorgefallene rechtfertige nicht, von einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung auszugehen. Auf eine fakultative Landesverweisung sei zu verzichten (pag. 441, pag. 680).
3.2.2 Vorbringen der Generalstaatsanwaltschaft
Seitens der Generalstaatsanwaltschaft wurde im Rahmen der Berufungsverhandlung vorgebracht, Raub sei eine Katalogtat. Der Beschuldigte 2 sei weder in der Schweiz geboren noch aufgewachsen. In Deutschland habe er eine erwachsene Tochter, es bestehe also ein familiäres Netz. Ob die aus den Akten hervorgehende Beziehung zu einer in der Schweiz lebenden Freundin noch bestehe, sei nicht bekannt. Allerdings sei ersichtlich, dass diese Beziehung nicht stabil gewesen sei. Auf unstabile Verhältnisse des Beschuldigten 2 weise auch sein Nichterscheinen an der Berufungsverhandlung hin. Die Voraussetzungen für eine Landesverweisung seien klar gegeben: Der Beschuldigte 2 habe zahlreiche Vorstrafen in Deutschland. Nach Bagatellisierungsversuchen (pag. 421 Z. 5 f.) sei bezüglich dieser Vorstrafen nicht auf Reue zu schliessen. Hingegen sei bezüglich den vorliegenden Geschehnisse etwas Reue ersichtlich. Der Wille des Beschuldigten 2, sich beim Privatkläger zu entschuldigen, vermöge aber nicht, seine wiederholte Delinquenz auszugleichen. Schliesslich stehe kein Bagatelldelikt, sondern ein Gewaltdelikt im Raum. Der Beschuldigte 2 sei in der Schweiz in temporärer Anstellungen als Dachdecker tätig gewesen. Dieser Beruf könne er auch in Deutschland in gleicher Weise ausüben. Es sei klarerweise nicht von einem schweren persönlichen Härtefall auszugehen. Die vorinstanzliche Anordnung einer Landesverweisung für 5 Jahre sei oberinstanzlich zu bestätigen (pag. 688).
3.3 Erwägungen der Kammer
3.3.1 Obligatorischer Landesverweis
Der Beschuldigte 1 ist deutscher Staatsangehöriger. Er ist somit Ausländer i.S.v. Art. 66a Abs. 1 StGB. Er wurde mit vorliegendem Urteil wegen Raubes gemäss Art. 140 StGB verurteilt. Dabei handelt es sich um ein Katalogdelikt (Art. 66a Abs. 1 Bst. c StGB), was im Regelfall die obligatorische Landesverweisung für eine Dauer von 5 bis 15 Jahren nach sich zieht (Art. 66a Abs. 2 StGB e contrario).
3.3.2 Härtefallprüfung
Auch bezüglich dem Beschuldigten 2 ist nach den aus Art. 31 VZAE abgeleiteten Kriterien zur Beurteilung eines Härtefalls nicht vom Vorliegen eines solchen auszugehen. Dies aus folgenden Gründen:
Der Beschuldigte 2 ist am 2. April 1983 in Deutschland geboren. Er ist ledig und hat eine in Deutschland lebende Tochter. Seine Muttersprache ist Deutsch. Der Beschuldigte 2 ist am 13. Februar 2020 in die Schweiz eingereist (pag. 235) und ist im Besitz einer Aufenthaltsbewilligung B (Aufenthaltszweck «Berechtigt zur Erwerbstätigkeit») mit Gültigkeitsdatum bis am 28. Februar 2025 (vgl. Bewilligungskopie des Kantons Aargau vom 2. März 2020 in den elektronischen Migrationsakten; pag. 219). Er war in der Schweiz verschiedentlich als gelernter Dachdecker angestellt (pag. 622; vgl. auch Erwägungen zu den Täterkomponenten E. IV.17.3 oben). Aus den elektronischen Migrationsakten des Departements Volkswirtschaft und Inneres des Kantons Aargau, Amt für Migration und Integration (pag. 219), sowie aus dem Leumundsbericht der Kantonspolizei Zürich vom 2. März 2022 (pag. 617 ff.) ist eine Beziehung zu einer in der Schweiz lebenden Frau ersichtlich. Ob diese Beziehung noch besteht, geht aus den Akten allerdings nicht hervor. In Bezug auf seinen Gesundheitszustand, ist eine Alkohol- und Betäubungsmittelabhängigkeit zu beachten. Weitere gesundheitliche Probleme sind nicht bekannt.
Gemäss dem Betreibungsregisterauszug des Betreibungsamtes O.__ (Ortschaft) vom 21. Februar 2022 (pag. 629 ff.) weist der Beschuldigte 2 Schulden auf. Auch ist er mehrfach, teilweise einschlägig, vorbestraft (pag. 333 ff., vgl. auch Erwägungen zu den Täterkomponenten E. IV.17.3 oben).
Dem Leumundsbericht vom 2. März 2022 ist sodann zu entnehmen, dass der Beschuldigte 2 per Ende November 2021 an einen unbekannten Ort weggezogen ist (pag. 618). Aus der seitens der Kammer vorgenommenen Adressabklärung bei der Stadt Q.__ (Ortschaft) resultierte, dass er seit dem 25. Januar 2022 an der R.__strasse in Q.__ (Ortschaft) (Deutschland) gemeldet ist (pag. 714).
Die Möglichkeiten des Beschuldigten 2 zur Wiedereingliederung in Deutschland werden entsprechend den vorgehenden Erwägungen als sehr gut beurteilt. Vor dem Hintergrund, dass der Beschuldigte 2 bereits wieder in Deutschland wohnt, kann denn auch geschlossen werden, dass die Wiedereingliederung bereits erfolgt ist.
All diese Gründe stehen der Annahme eines schweren, persönlichen Härtefalls entgegen. Der Beschuldigte 2 hält sich sodann nicht mehr in der Schweiz auf und befand sich nur vorübergehend hier. Insoweit ist das erstinstanzliche Urteil nicht zu beanstanden und die Beurteilung, es liege kein persönlicher Härtefall vor, zu bestätigen.
3.4 Vereinbarkeit der Landesverweisung mit dem Freizügigkeitsabkommen (FZA)
Aus dem FZA kann der Beschuldigte 2 ebenfalls nichts für sich ableiten. Wie der Beschuldigte 1 wurde auch der Beschuldigte 2 wegen Raubes und demnach eines Verbrechens schuldig erklärt. Schliesslich ist auch sein strafrechtlicher Leumund arg getrübt (pag. 333 ff., vgl. auch Ausführungen zu den Täterkomponenten E. IV.17.3 oben). Aus dem Leumundsbericht ist zudem zu schliessen, dass der Beschuldigte 2 nach wie vor Suchtprobleme hat. Hinweise, die eine andere Folgerung nahelegen würden, liegen nicht vor. Es besteht die Gefahr, dass der Beschuldigte 2 bei Verbleib bzw. Rückkehr in die Schweiz auch weiterhin die öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Schweiz gefährden würde. Das Interesse der Schweiz ist daher erheblich höher zu bewerten, als die privaten Interessen des Beschuldigten 2 in der Schweiz zu verbleiben bzw. in diese zurückzukehren.
3.5 Recht auf Achtung des Familienlebens (Art. 13 Abs. 1 BV und Art. 8 Ziff. 1 EMRK)
Den Akten ist eine Beziehung zu einer in der Schweiz lebenden Freundin zu entnehmen. Ob diese noch besteht, ist nicht ersichtlich. Wie obenstehend bereits angeführt, kann dem Leumundsbericht der Kantonspolizei Zürich vom 2. März 2022 (pag. 617 ff.) sowie den elektronischen Migrationsakten (pag. 219) entnommen werden, dass in dieser Beziehung wiederholt eskalierende Situationen aufgetreten sind. Seitens des Beschuldigten 2 wurde keine intensive Beziehung zu einer zum Aufenthalt in der Schweiz berechtigten Person bzw. Familienmitglied geltend gemacht. Nach Ansicht der Kammer genügt die gemäss Aktenlage vorliegende Konstellation keineswegs den Anforderungen an die Intensität der familiären Gemeinschaft, damit diese in den Schutzbereich von Art. 13 Abs. 1 BV und Art. 8 Ziff. 2 EMRK fallen könnte. Gegenteiliges wird vom Beschuldigten 2 auch nicht vorgebacht.
3.6 Fazit und Dauer der Landesverweisung
Zusammenfassend ist eine Landesverweisung auszusprechen. Die Dauer ist angesichts des noch leichten Tatverschuldens auf das Minimum, namentlich auf 5 Jahre, festzulegen. Der Beschuldigte 2 ist demzufolge für die Dauer von 5 Jahren des Landes zu verweisen (Art. 66a Abs. 1 Bst. c StGB).
VI. Kosten und Entschädigung
1. Verfahrenskosten
Das Gericht legt die Kostenfolgen im Endentscheid fest (Art. 421 Abs. 1 StPO). Fällt das Berufungsgericht einen neuen Entscheid, so befindet es darin auch über die von der Vorinstanz getroffene Kostenregelung (Art. 428 Abs. 3 StPO). Die Verfahrenskosten setzen sich zusammen aus den Gebühren zur Deckung des Aufwands und den Auslagen im konkreten Straffall (Art. 422 Abs. 1 StPO). Im Kanton Bern gelangt das Verfahrenskostendekret (VKD; BSG 161.12) zur Anwendung.
1.1 Erste Instanz
Gemäss Art. 426 Abs. 1 StPO trägt die beschuldigte Person die erstinstanzlichen Verfahrenskosten, wenn sie verurteilt wird. Die Kostenverteilung der Vorinstanz ist in Rechtskraft erwachsen.
1.2 Zweite Instanz
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens tragen die Parteien nach Massgabe ihres Obsiegens Unterliegens (Art. 428 Abs. 1 StPO). Ob eine Partei im Rechtsmittelverfahren als obsiegend unterliegend gilt, hängt davon ab, in welchem Ausmass ihre vor Berufungsgericht gestellten Anträge gutgeheissen wurden.
Die oberinstanzlichen Verfahrenskosten werden in Anwendung von Art. 5 i.V.m. Art. 24 Abs. 1 Bst. a VKD auf CHF 4’000.00 festgelegt. Davon entfallen ein Viertel, ausmachend CHF 1'000.00, auf den Beschuldigten 1 und drei Viertel, ausmachend CHF 3'000.00, auf den Beschuldigten 2. Beide Beschuldigte gelten im vorliegenden Verfahren als vollständig unterliegend, weshalb sie die auf sie entfallenden Kosten vollumfänglich zu tragen haben.
2. Amtliche Entschädigungen der Verteidigung
Zu den Verfahrenskosten gehören grundsätzlich auch die Kosten der amtlichen Verteidigung (Art. 422 Abs. 2 Bst. a StPO). Diese werden von der Kammer jedoch praxisgemäss separat ausgewiesen.
Die amtliche Entschädigung richtet sich nach Art. 135 StPO. Gemäss Art. 135 Abs. 1 StPO wird die amtliche Verteidigung nach dem Anwaltstarif desjenigen Kantons entschädigt, in dem das Strafverfahren geführt wurde. Art. 135 Abs. 4 StPO bestimmt, dass die beschuldigte Person bei einer Verurteilung zu den Verfahrenskosten dazu verpflichtet ist, (Bst. a) dem Kanton die Entschädigung zurückzuzahlen und (Bst. b) der Verteidigung die Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar zu erstatten, sobald es ihre wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben.
Gemäss Art. 42 Abs. 1 des Kantonalen Anwaltsgesetzes (KAG; BSG 168.11) bezahlt der Kanton den amtlich bestellten Anwälten eine angemessene Entschädigung, die sich nach dem gebotenen Zeitaufwand bemisst und höchstens dem Honorar gemäss der Tarifordnung für den Parteikostenersatz (Art. 41 KAG) entspricht. Bei der Festsetzung des gebotenen Zeitaufwands sind die Bedeutung der Streitsache und die Schwierigkeit des Prozesses zu berücksichtigen. Auszugehen ist vom Zeitaufwand, den ein fachlich ausgewiesener, gewissenhafter Anwalt unter Berücksichtigung der Schwierigkeit der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse und des Aktenumfangs für die korrekte Erledigung des Geschäftes benötigt. Auslagen und Mehrwertsteuer, sofern der Anwalt mehrwertsteuerpflichtig ist, werden zusätzlich entschädigt. Gemäss Art. 17 Abs. 1 Bst. b der Verordnung über die Bemessung des Parteikostenersatzes (PKV; BSG 168.811) beträgt das Honorar vor dem Regionalgericht (Einzelgericht) CHF 500.00 bis CHF 25'000.00. In Rechtsmittelverfahren beträgt es 10 bis 50% des Honorars gemäss Art. 17 Abs. 1 Bst. b bis e (Art. 17 Abs. 1 Bst. f PKV). Der Stundenansatz für die Entschädigung der amtlich bestellten Anwälte beträgt im Kanton Bern CHF 200.00 (Art. 1 der Verordnung über die Entschädigung der amtlichen Anwältinnen und Anwälte [EAV; BSG 168.711]).
2.1 Erste Instanz
Die erstinstanzlich festgesetzten amtlichen Honorare von Rechtsanwalt B.__ und Rechtsanwältin H.__ geben zu keinen Bemerkungen Anlass und sind zu bestätigen (S. 43 f. der erstinstanzlichen Urteilsbegründung; pag. 541 f., Verfügung vom 23. Juni 2021; pag. 494 ff.).
Zufolge der Schuldsprüche sind die beiden Beschuldigten in Bezug auf diese amtlichen Honorare vollumfänglich rück- und nachzahlungspflichtig im Sinne von Art. 135 Abs. 4 StPO.
2.2 Zweite Instanz
Für das oberinstanzliche Verfahren wird die Entschädigung des amtlichen Verteidigers des Beschuldigten 1, Rechtsanwalt B.__, und der amtlichen Verteidigerin des Beschuldigten 2, Rechtsanwältin E.__, gestützt auf die in der oberinstanzlichen Verhandlung vom 31. März 2022 eingereichten Honorarnoten (pag. 693 ff.) festgesetzt.
Rechtsanwalt B.__ macht für das oberinstanzliche Verfahren ein volles Honorar von insgesamt CHF 3'964.00 (Zeitaufwand: 14 Stunden; Auslagen: CHF 105.60; Reisezuschlag: CHF 75.00; Mehrwertsteuer: jeweils zuzüglich 7.7%, ausmachend CHF 283.41 MWST) geltend. Die Kammer erachtet den von Rechtsanwalt B.__ für die Redaktion der Berufungserklärung und die Redaktion des oberinstanzlichen Plädoyers geltend gemachten Zeitaufwand von insgesamt 5 Stunden als zu hoch. Die Berufung wurde seitens des Beschuldigten beschränkt auf die erstinstanzliche Anordnung der Landesverweisung erhoben. Der diesbezügliche Vorbereitungsaufwand für die oberinstanzliche Verhandlung entspricht sodann praktisch demjenigen, der bereits für die Vorbereitung und Durchführung der erstinstanzlichen Hauptverhandlung entschädigt wurde. Auf die entsprechenden Arbeiten, Vorbereitungen und Abklärungen konnte Rechtsanwalt B.__ auch im oberinstanzlichen Verfahren zurückgreifen. Der gebotene Aufwand für das Verfahren vor dem Obergericht hielt sich damit in Grenzen. Die Positionen «Redaktion Berufungserklärung» vom 28. Juli 2021, «Redaktion Plädoyer HV» vom 28. März 2022 und «Redaktion Plädoyer HV Obergericht» vom 29. März 2022 sind folglich gesamthaft um 2 Stunden auf 3 Stunden zu kürzen. Darüber hinaus gibt die Honorarnote von Rechtsanwalt B.__ vom 29. März 2022 zu keinen Bemerkungen Anlass. Die Berechnung der Entschädigung ergibt sich im Weiteren aus dem Dispositiv. Der Beschuldigte 1 unterliegt der gesetzlichen Rück- und Nachzahlungspflicht nach Art. 135 Abs. 4 StPO.
Rechtsanwältin E.__ macht für das oberinstanzliche Verfahren ein amtliches Honorar von insgesamt CHF 3'286.55 (Zeitaufwand: 15 Stunden; Auslagen: CHF 51.60; Mehrwertsteuer: jeweils zuzüglich 7.7%, ausmachend CHF 234.95 MWST) geltend. Der unter dem Posten «Teilnahme an Berufungsverhandlung» geltend gemachte Aufwand von 5 Stunden ist jedoch auf die tatsächliche Dauer von 4 Stunden zu kürzen. Demgegenüber wird Rechtsanwältin E.__ zusätzlich 0.25 Stunden für die Abschlussarbeiten (welche damit analog der Honorarnote von Rechtsanwalt B.__ mit insgesamt einer Stunde zu entschädigen sind) zugesprochen. Rechtsanwältin E.__ wird somit für einen Zeitaufwand von 14.25 Stunden entschädigt. Im Übrigen ist die Kostennote von Rechtsanwältin E.__ nicht zu beanstanden. Die Berechnung der Entschädigung ergibt sich im Weiteren aus dem Dispositiv. Rechtsanwältin E.__ verzichtet auf die Erstattung der Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar. Der Beschuldigte 2 unterliegt somit lediglich der gesetzlichen Rückzahlungspflicht nach Art. 135 Abs. 4 StPO.
VII. Verfügungen betreffend den Beschuldigten 1
1. Strafvollzug
A.__ geht in den Strafvollzug zurück.
2. DNA-Profil und biometrische erkennungsdienstliche Daten
Dem zuständigen Bundesamt wird die Zustimmung zur Löschung des von A.__ erstellten DNA-Profils (PCN .__) nach Ablauf der gesetzlichen Frist vorzeitig erteilt (Art. 16 Abs. 4 i.V.m. 17 Abs. 1 DNA-ProfilG).
Dem für die Führung von AFIS zuständigen Dienst wird die Zustimmung zur Löschung der von A.__ erhobenen biometrischen erkennungsdienstlichen Daten nach Ablauf der gesetzlichen Frist vorzeitig erteilt (Art. 17 Abs. 4 i.V.m. 19 Abs. 1 Verordnung über die Bearbeitung biometrischer erkennungsdienstlicher Daten).
VIII. Verfügungen betreffend den Beschuldigten 2
1. DNA-Profil und biometrische erkennungsdienstliche Daten
Dem zuständigen Bundesamt wird die Zustimmung zur Löschung des von C.__ erstellten DNA-Profils (PCN .__) nach Ablauf der gesetzlichen Frist vorzeitig erteilt (Art. 16 Abs. 4 i.V.m. 17 Abs. 1 DNA-ProfilG).
Dem für die Führung von AFIS zuständigen Dienst wird die Zustimmung zur Löschung der von C.__ erhobenen biometrischen erkennungsdienstlichen Daten nach Ablauf der gesetzlichen Frist vorzeitig erteilt (Art. 17 Abs. 4 i.V.m. 19 Abs. 1 Verordnung über die Bearbeitung biometrischer erkennungsdienstlicher Daten).
IX. Dispositiv
Die 2. Strafkammer erkennt:
A.
I.
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Regionalgerichts Oberland vom 8. April 2021 gegen A.__ in Rechtskraft erwachsen ist, soweit
1. A.__ schuldig erklärt wurde
1.1. des Raubes, begangen am 15.11.2020, ca. 19:30 Uhr, in K.__ (Ortschaft), F.__strasse, gemeinsam mit C.__ z.N. D.__ (Deliktsbetrag ca. CHF 700.00);
1.2. des Vergehens gegen das Waffengesetz, mehrfach begangen am 15.11.2020 in I.__ (Ortschaft), J.__ (Ortschaft) und K.__ (Ortschaft) durch Erwerb und Besitz einer Pistole SIG-Sauer P 229 ohne Waffenerwerbsschein und ohne Waffentragbewilligung;
1.3. des widerrechtlichen Aneignens eines Kontrollschildes, begangen in der Zeit vom 30.11.2020 - 04.12.2020 in L.__ (Ortschaft), G.__weg, indem er die Kontrollschilder .__ ab einem Motorrad entwendete;
1.4. der Übertretungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, mehrfach begangen in der Zeit vom 15.11.2020 – 09.12.2020 in M.__ (Ortschaft) und K.__ (Ortschaft) durch Erwerb, Besitz und Konsum einer unbestimmten Menge Heroin, Kokain und Marihuana.
2. A.__ in Anwendung der einschlägigen Gesetzesartikel verurteilt wurde
2.1. zu einer Freiheitsstrafe von 16 Monaten, wobei die Untersuchungs- und Sicherheitshaft von 99 Tagen im Umfang von 99 Tagen auf die Freiheitsstrafe angerechnet wurden und festgestellt wurde, dass die Strafe am 18.03.2021 vorzeitig angetreten worden ist.
2.2. zu einer Geldstrafe von 68 Tagessätzen zu CHF 30.00, ausmachend total CHF 2'040.00.
2.3. zu einer Übertretungsbusse von CHF 200.00, wobei die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhafter Nichtbezahlung auf 2 Tage festgesetzt wurde.
2.4. zu den anteilsmässigen Verfahrenskosten, sich zusammensetzend aus Gebühren von CHF 5'000.00 (Anteil Gebühren Untersuchung CHF 2'100.00; Anteil Gebühren Gericht CHF 2’000.00; Gebühren ZMG CHF 400.00, Anteil Gebühren Auftritt Staatsanwaltschaft CHF 500.00) und Auslagen Untersuchung von CHF 832.30, insgesamt bestimmt auf CHF 5'832.30.
3. Betreffend A.__ weiter verfügt wurde, dass
die sich beim KTD befindende beschlagnahmte Waffe Pistole SIG-Sauer P229 mit zwei Magazinen und die sich beim KTD befindenden 70 Patronen 9mm Lugar zur Vernichtung eingezogen werden (Art. 69 StGB).
II.
A.__ wird in Anwendung der Artikel 66a Abs. 1 Bst. c StGB, 426 Abs. 1 und 428 Abs. 1 StPO
verurteilt:
1. Zu einer Landesverweisung von 5 Jahren.
2. Zur Bezahlung der anteilsmässigen oberinstanzlichen Verfahrenskosten von CHF 1’000.00 (insgesamt bestimmt auf CHF 4’000.00).
III.
1. Die Entschädigung für die amtliche Verteidigung von A.__ durch Rechtsanwalt B.__ wurde bzw. wird für das erstinstanzliche Verfahren wie folgt bestimmt:
Der Kanton Bern entschädigt Rechtsanwalt B.__ für die amtliche Verteidigung von A.__ im erstinstanzlichen Verfahren mit CHF 10'320.70 (bereits vollständig ausbezahlt).
A.__ hat dem Kanton Bern die für das erstinstanzliche Verfahren ausgerichtete amtliche Entschädigung von CHF 10'320.70 zurückzuzahlen und Rechtsanwalt B.__ die Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar, ausmachend CHF 2'369.40, zu erstatten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Art. 135 Abs. 4 StPO).
2. Die Entschädigung für die amtliche Verteidigung von A.__ durch Rechtsanwalt B.__ wird für das oberinstanzliche Verfahren wie folgt bestimmt:
Der Kanton Bern entschädigt Rechtsanwalt B.__ für die amtliche Verteidigung von A.__ im oberinstanzlichen Verfahren mit CHF 2'779.30.
A.__ hat dem Kanton Bern die für das oberinstanzliche Verfahren ausgerichtete Entschädigung von CHF 2'779.30 zurückzuzahlen und Rechtsanwalt B.__ die Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar, ausmachend CHF 646.20, zu erstatten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Art. 135 Abs. 4 StPO).
IV.
Weiter wird betreffend A.__ verfügt:
1. A.__ geht in den Strafvollzug zurück.
2. Dem zuständigen Bundesamt wird die Zustimmung zur Löschung des von A.__ erstellten DNA-Profils (PCN .__) nach Ablauf der gesetzlichen Frist vorzeitig erteilt (Art. 16 Abs. 4 i.V.m. 17 Abs. 1 DNA-ProfilG).
3. Dem für die Führung von AFIS zuständigen Dienst wird die Zustimmung zur Löschung der von A.__ erhobenen biometrischen erkennungsdienstlichen Daten nach Ablauf der gesetzlichen Frist vorzeitig erteilt (Art. 17 Abs. 4 i.V.m. 19 Abs. 1 Verordnung über die Bearbeitung biometrischer erkennungsdienstlicher Daten).
B.
I.
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Regionalgerichts Oberland vom 8. April 2021 gegen C.__ in Rechtskraft erwachsen ist, soweit
1. C.__ schuldig erklärt wurde
der Übertretungen gegen das Betäubungsmittelgesetz, mehrfach begangen in der Zeit vom 15.11.2020 – Ende November 2020 in M.__ (Ortschaft) und L.__ (Ortschaft) durch Erwerb, Besitz und Konsum einer unbestimmten Menge Heroin und Kokain.
2. C.__ in Anwendung der einschlägigen Gesetzesartikel verurteilt wurde
2.1. zu einer Übertretungsbusse von CHF 200.00, wobei die Ersatzfreiheitsstrafe bei schuldhafter Nichtbezahlung auf 2 Tage festgesetzt wurde.
2.2. zu den anteilsmässigen Verfahrenskosten, sich zusammensetzend aus Gebühren von CHF 4'200.00 (Anteil Gebühren Untersuchung CHF 2'100.00; Anteil Gebühren Gericht CHF 1'600.00.00; Anteil Gebühren Auftritt Staatsanwaltschaft CHF 500.00) und Auslagen Untersuchung von CHF 832.30, insgesamt bestimmt auf CHF 5'032.30.
II.
C.__ wird schuldig erklärt:
des Raubes, begangen am 15. November 2020, ca. 19:30 Uhr, in K.__ (Ortschaft), F.__strasse, gemeinsam mit A.__ zum Nachteil von D.__ im Deliktsbetrag von CHF 600.00
und in Anwendung der Artikel
40, 47, 51, 66a Abs. 1 Bst. c, 140 Ziff. 1 StGB
426 Abs. 1, 428 Abs. 1 StPO
verurteilt:
1. Zu einer Freiheitsstrafe von 14 Monaten.
Die ausgestandene Polizeihaft von 1 Tag wird vollumfänglich auf die Strafe angerechnet.
2. Zu einer Landesverweisung von 5 Jahren.
3. Zur Bezahlung der anteilsmässigen oberinstanzlichen Verfahrenskosten von CHF 3’000.00 (insgesamt bestimmt auf CHF 4’000.00).
III.
1. Die Entschädigung für die amtliche Verteidigung von C.__ durch Rechtsanwältin H.__ wurde bzw. wird für das erstinstanzliche Verfahren wie folgt bestimmt:
Der Kanton Bern entschädigt Rechtsanwältin H.__ für die amtliche Verteidigung von C.__ im erstinstanzlichen Verfahren mit CHF 6'460.05 (bereits vollständig ausbezahlt).
C.__ hat dem Kanton Bern die für das erstinstanzliche Verfahren ausgerichtete amtliche Entschädigung von CHF 6'460.05 zurückzuzahlen und Rechtsanwältin H.__ die Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar, ausmachend CHF 2'073.25, zu erstatten, sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben (Art. 135 Abs. 4 StPO).
2. Die Entschädigung für die amtliche Verteidigung von C.__ durch Rechtsanwältin H.__ wurde bzw. wird für das erstinstanzliche Verfahren für die Zeit vom 13. April 2021 bis 22. Juni 2021 wie folgt bestimmt:
Der Kanton Bern entschädigt Rechtsanwältin H.__ für die amtliche Verteidigung von C.__ im erstinstanzlichen Verfahren für die Zeit vom 13. April 2021 bis 22. Juni 2021 mit CHF 476.45 (bereits vollständig ausbezahlt).
C.__ hat dem Kanton Bern die für das erstinstanzlichen Verfahren für die Zeit vom 13. April 2021 bis 22. Juni 2021 ausgerichtete Entschädigung von CHF 476.45 zurückzuzahlen sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben. Es wird festgestellt, dass Rechtsanwältin H.__ auf die Erstattung der Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar verzichtet (Art. 135 Abs. 4 StPO).
3. Die Entschädigung für die amtliche Verteidigung von C.__ durch Rechtsanwältin E.__ wird für das oberinstanzliche Verfahren wie folgt bestimmt:
Der Kanton Bern entschädigt Rechtsanwältin E.__ für die amtliche Verteidigung von C.__ im oberinstanzlichen Verfahren mit CHF 3'125.00.
C.__ hat dem Kanton Bern die für das oberinstanzliche Verfahren ausgerichtete Entschädigung von CHF 3'125.00 zurückzuzahlen sobald es seine wirtschaftlichen Verhältnisse erlauben. Es wird festgestellt, dass Rechtsanwältin E.__ auf die Erstattung der Differenz zwischen der amtlichen Entschädigung und dem vollen Honorar verzichtet (Art. 135 Abs. 4 StPO).
IV.
Weiter wird betreffend C.__ verfügt:
1. Dem zuständigen Bundesamt wird die Zustimmung zur Löschung des von C.__ erstellten DNA-Profils (PCN .__) nach Ablauf der gesetzlichen Frist vorzeitig erteilt (Art. 16 Abs. 4 i.V.m. 17 Abs. 1 DNA-ProfilG).
2. Dem für die Führung von AFIS zuständigen Dienst wird die Zustimmung zur Löschung der von C.__ erhobenen biometrischen erkennungsdienstlichen Daten nach Ablauf der gesetzlichen Frist vorzeitig erteilt (Art. 17 Abs. 4 i.V.m. 19 Abs. 1 Verordnung über die Bearbeitung biometrischer erkennungsdienstlicher Daten).
C.
Es wird festgestellt, dass das Urteil des Regionalgerichts Oberland vom 8. April 2021 gegen A.__ und C.__ in Rechtskraft erwachsen ist, soweit im Zivilpunkt erkannt wurde, dass
1. in Anbetracht der unzureichenden Begründung/Bezifferung die Zivilklage des Straf- und Zivilklägers D.__ auf den Zivilweg verwiesen wird (Art. 126 Abs. 2 Bst. b StPO).
2. für den Zivilpunkt keine Kosten ausgeschieden werden.
D.
Weiter wird verfügt:
Zu eröffnen:
• dem Beschuldigten 1/Berufungsführer 1, a.v.d. Rechtsanwalt B.__
• dem Beschuldigten 2/Berufungsführer 2, a.v.d. Rechtsanwältin E.__
• dem Straf- und Zivilkläger
• der Generalstaatsanwaltschaft
Mitzuteilen:
• der Vorinstanz
• der Koordinationsstelle Strafregister (KOST; nur Dispositiv, nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Entscheid der Rechtsmittelbehörde)
• den Bewährungs- und Vollzugsdiensten des Kantons Bern (BVD; Dispositiv unverzüglich per Fax, Urteil mit Begründung nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Entscheid der Rechtsmittelbehörde)
• der Justizvollzugsanstalt Thorberg (Dispositiv unverzüglich per Fax)
• dem Amt für Bevölkerungsdienste (ABEV), Migrationsdienst des Kantons Bern (Dispositiv vorab, Urteil mit Begründung nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Entscheid der Rechtsmittelbehörde)
• dem Staatssekretariat für Migration (SEM; Dispositiv vorab, Urteil mit Begründung nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Entscheid der Rechtsmittelbehörde)
• dem Bundesamt für Justiz der Bundesrepublik Deutschland, Bonn (nur auszugsweise Dispositiv betreffend Beschuldigten 2, nach unbenutztem Ablauf der Rechtsmittelfrist bzw. nach Entscheid der Rechtsmittelbehörde)
Bern, 1. April 2022
(Ausfertigung: 18. Oktober 2022)
Im Namen der 2. Strafkammer
Der Präsidentin i.V.:
Obergerichtssuppleantin Weingart
Die Gerichtsschreiberin:
Herger
Rechtsmittelbelehrung
Gegen diesen Entscheid kann innert 30 Tagen seit Zustellung der schriftlichen Begründung beim Bundesgericht, Av. du Tribunal fédéral 29, 1000 Lausanne 14, Beschwerde in Strafsachen gemäss Art. 39 ff., 78 ff. und 90 ff. des Bundesgerichtsgesetzes (BGG; SR 173.110) geführt werden. Die Beschwerde muss den Anforderungen von Art. 42 BGG entsprechen.
Gegen den Entschädigungsentscheid kann die amtliche Verteidigung innert 10 Tagen seit Eröffnung bei der Beschwerdekammer des Bundesstrafgerichts, Viale Stefano Franscini 7, 6500 Bellinzona, schriftlich und begründet Beschwerde führen (Art. 135 Abs. 3 lit. b StPO).